Geplante Änderung des Sachverständigenrechts

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Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz hat bereits vor einigen Wochen einen Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit“ vorgestellt. Dieser Gesetzentwurf enthält einige Änderungen des Sachverständigenrechts, die nicht nur im Zivilverfahren, sondern auch im sozialgerichtlichen Verfahren relevant werden sollen.
Den Parteien des Streitverfahrens soll bei der Auswahl von Sachverständigen mehr Mitsprache und Einfluss zuerkannt werden. Weiterhin soll die Unabhängigkeit von Sachverständigen gestärkt werden und die Gutachtenerstattung beschleunigt.
Dazu sollen die Parteien vor der Ernennung zur Person des Sachverständigen angehört werden. Weiterhin hat der Sachverständige unverzüglich zu prüfen, ob ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Ist dies der Fall, so hat der Sachverständige dem Gericht solche Gründe unverzüglich mitzuteilen.
Zur Beschleunigung der Gutachtenerstattung soll das Gericht künftig den Sachverständigen eine Frist zur Erstellung des Gutachtens setzen. Versäumt ein Sachverständiger diese Frist, so soll (!) – nicht muss – gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden, das zuvor unter Setzen einer Nachfrist angedroht werden muss und 5000 € nicht übersteigen soll. Der Gutachter soll künftig zu dem dem Gericht mitteilen müssen, ob er dieses Gutachten in der gesetzten Frist erstatten kann.
Der Deutsche Richterbund hat hierzu positiv Stellung genommen, was nicht nachvollziehbar ist. Im Ergebnis dürfte es durch die geplante Neuregelung eher zu Verzögerungen im gerichtlichen Verfahren kommen, wie auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg in einer Erklärung vom 5.11.2015 ausgeführt hat. Die Präsidenten der Landessozialgerichte kritisieren vor allem die geplante verpflichtende Anhörung der Beteiligten zur Person eines Sachverständigen vor Erteilung des Gutachtenauftrags.
In der Tat ist es gerade im sozialgerichtlichen Verfahren so, dass die Parteien mit der Übersendung des schriftlichen Gutachtenauftrages den Namen des beauftragten Sachverständigen so rechtzeitig erfahren, dass hinreichende Gelegenheit besteht, Einwendungen zu erheben oder einen Ablehnungsantrag (“Befangenheit”) zu stellen. In der Sozialgerichtsbarkeit gibt es zudem die Besonderheit der Gutachtenerstellung nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG). § 109 SGG regelt die Gutachtenerstellung durch einen Sachverständigen des Vertrauens. Zumindest in sozialrechtlichen Verfahren, in denen medizinische Sachverständigengutachten einzuholen sind, geht es nicht selten für die Mandantin um existenzielle Leistungen, etwa den Bezug einer Erwerbsminderungsrente oder einer Verletztenrente. Ziel einer Gesetzgebung müsste die Verkürzung dieser ohnehin schon recht lange dauernden Verfahren sein, nicht aber deren Verlängerung. Insofern gibt die geplante Änderung des Sachverständigenrechts dem Rechtsuchenden Steine statt Brot.