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Grundsätzlich sind Unfälle auf dem Weg zur und von der Arbeit unfallversichert. Entsteht nun ein Unfall aufgrund von Alkoholkonsum, muss die Berufsgenossenschaft, also die gesetzliche Unfallversicherung beweisen, dass der Unfall mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wegen dem Alkohol geschehen ist. Dies geht aus einer Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts hervor.

Der Sachverhalt

Der Kläger im vorliegenden Fall kam während seiner Heimfahrt, von der Straße ab und verursachte einen Unfall. Über fünf Stunden später suchte er ein Krankenhaus auf. Dort stellte man einen Bruch der Halswirbelsäule fest, aber auch eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,50 Promille.

Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte die Feststellung eines Arbeitsunfalls ab, weil der Kläger während des Unfalls unter Alkohol stand. Aus diesem Grund sei kein Versicherungsschutz gegeben. Das Sozialgericht hatte diese Entscheidung bestätigt.

Der Kläger wollte dies aber nicht wahr haben und ging vor das Landessozialgericht. Dort entschied man zugunsten des Klägers. Aufgrund des längeren Zeitraums, konnte nicht mehr genau festgestellt werden, wie viel Alkohol der Kläger vor und nach dem Unfall getrunken hatte. Ein medizinisches Sachverständigengutachten konnte auch nicht für Klarheit sorgen. Auch die Berufsgenossenschaft konnte letztendlich nicht mehr beweisen, dass der Unfall aufgrund der Alkoholisierung des Klägers verursacht wurde. Das Landessozialgericht stellt deshalb fest, dass ein Arbeitsunfall anzuerkennen ist.

Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 17.04.2012 – L 3 U 543/10 ZVW –

Unfälle, die sich auf dem „zusammenhängenden unmittelbaren“ Weg vom Wohnsitz zur Arbeitsstelle oder umgekehrt ereignen, können Arbeitsunfälle im Sinne von § 8 II Nr. 1 SGB VII sein, sodass der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung eingreift (sog. Wegeunfälle).

Allerdings muss hinzukommen, dass die im Unfallzeitpunkt ausgeübte Verrichtung auch dem Weg zur Arbeit oder dem Heimweg diente. Das heißt, dass sie einer Fortbewegung auf den genannten Wegen zurechenbar sein muss, während jede Wegunterbrechung, die zu einer erheblichen Zäsur führt, den Versicherungsschutz entfallen lässt, sofern sie nicht als geringfügig anzusehen ist. Hier kommt es z.B. darauf an, ob die nun ausgeübte Verrichtung nur nebenher, praktisch „im Vorbeigehen“, erfolgt, oder ob sie einem anderen Zweck dient, als der Zurücklegung des Heim- oder Arbeitsweges.

Eine in diesem Sinne relevante Wegunterbrechung liegt nach einem Urteil des LSG NRW vom 13.10.2009 (Az.: S 5 U 298/08) z.B. dann vor, wenn ein Radfahrer auf dem Weg von seinem Arbeitsplatz zu seiner Wohnung einem Autofahrer den Weg versperrt, weil er ihn wegen eines (angeblichen) Verkehrsverstoßes zur Rede stellen will.

Die Entscheidung beruht auf folgendem Sachverhalt: Ein Radfahrer (Kläger) fuhr durch die Kölner Innenstadt nach Hause. In einer Tempo-30-Zone schnitt ein Autofahrer nach der Sicht des Klägers mehrfach dessen Weg ab. An einer Ampel stellte er sein Fahrrad daher vor dem Pkw des vermeintlichen Verkehrssünders ab, um ihn zur Rechenschaft zu ziehen. Als der Autofahrer und sein Beifahrer ausstiegen, setzte sich der Pkw – versehentlich – in Bewegung und rammte den Kläger, wodurch dieser einen Bruch des Waden- und Schienbeins erlitt. Der Kläger verlangte daraufhin Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung.

Das LSG NRW lehnte entsprechende Ansprüche jedoch ab. Dadurch, dass der Kläger das Auto angehalten habe, um den vorgebrachten Verkehrsverstoß zu erörtern, habe er seinen Heimweg in erheblicher Weise unterbrochen. Diese Unterbrechung habe nämlich nicht mehr der Heimfahrt gedient, sondern allein „eigenwirtschaftlichen Interessen“ des Klägers. Somit sei der Unfallversicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung entfallen, weshalb er keine Ansprüche gegen den Versicherungsträger besitze.