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Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung erhält, wer einen Arbeitsunfall erleidet oder an einer Berufskrankheit leidet. Sie ist Gegenstand des siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (kurz: SGB VII) sowie weiterer Normen.

Organisation und Leistungen im Überblick:

Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind die Berufsgenossenschaften (Körperschaften des öffentlichen Rechts mit eigener Selbstverwaltung). Man unterscheidet landwirtschaftliche und gewerbliche Berufsgenossenschaften, wobei letztere in Gewerbezweige gegliedert sind. Hinzu kommen die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand. Finanziert wird die Unfallversicherung durch Steuergelder, vor allem aber durch die Beiträge der Unternehmer; deren Höhe richtet sich u.a. nach der Gefahrgeneigtheit der ausgeübten beruflichen Tätigkeiten.

Zu den Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung gehören gemäß § 22 SGB I Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und zur ersten Hilfe, Früherkennungsmaßnahmen bzgl. Berufskrankheiten, Heilbehandlungen, Maßnahmen zu Erhalt, Förderung und Besserung der Erwerbsfähigkeit, Rente wegen geminderter Erwerbsfähigkeit, Hinterbliebenenrente, Sterbegeld und Beihilfen, Rentenabfindungen, Haushaltshilfen und Betriebshilfen für Landwirte.

Die Unfallversicherung verfolgt zwei verschiedene Zwecke: Zum einen soll sie den Versicherten sozialen Schutz bieten. Kommt es z.B. zu einem Arbeitsunfall, sorgt der zuständige Träger dafür, dass der Arbeitnehmer und seine Familie einen Schadensausgleich unabhängig davon erhält, ob und von wem der Unfall verschuldet wurde. Auf diesem Wege wird zugleich die Haftung des Schädigers nach den Regeln des Privatrechts durch Versicherungsschutz ersetzt.

[box type=”alert”]Achtung: Die Unfallversicherung gewährt weder ein Schmerzensgeld, noch ersetzt sie Sachschäden![/box]

Beispiel: Der Arbeitnehmer A erleidet einen schweren Arbeitsunfall, bei dem sein privates Mobiltelefon und seine Beinprothese beschädigt werden. A selbst erleidet mehrere Knochenbrüche. – Die Unfallversicherung übernimmt die Heilbehandlungskosten, ersetzt aber nicht das Mobiltelefon des A. Eine Ausnahme gilt für die Beinprothese, da diese ein (medizinisches) Hilfsmittel ist (s. § 8 Abs. 3 SGB VII).

Versichertenkreis:

Zum geschützten Personenkreis gehören grds. alle Arbeitnehmer. Allerdings ist zwischen der Versicherung kraft Gesetzes und kraft Satzung zu unterscheiden:

Versicherung kraft Gesetz: § 2 SGB VII bietet einen umfangreichen Katalog darüber, wer kraft Gesetz Mitglied der Unfallversicherung ist. Hierzu zählen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII vor allem Beschäftigte (Personen, die nichtselbstständige Arbeit verrichten und weisungsabhängig in das Unternehmen eines anderen eingegliedert sind, vgl. § 7 Abs. 1 SGB IV). Hinzu kommen z.B. Auszubildende, Personen, die in Behinderten- oder Blindenwerkstätten beschäftigt sind, bei Unglücksfällen oder Festnahmen helfen, Kinder in Tageseinrichtungen, Schüler, Studenten, Blutspender, Pflegepersonen, bestimmte Unternehmer und viele mehr. Grund der Pflichtversicherung ist regelmäßig die soziale Schutzbedürftigkeit aber auch der Gedanke der sozialen Entschädigung.

Dies gilt auch für die sog. „Wie-Beschäftigten“. Dies sind Personen, die zwar keine Beschäftigten, aber wie solche versichert sind, § 2 Abs. 2 SGB VII. So soll vermieden werden, dass jemand fremdnützig für einen anderen tätig wird, und nur deshalb keinen Versicherungsschutz erhalten soll, weil kein formgemäßes Beschäftigungsverhältnis gegeben ist.

[box type=”alert”]Achtung: Wie-Beschäftigung mit den Folgen, dass die gesetzliche Unfallversicherung und der Ausschluss der privaten Haftung eingreift, existiert auch im privaten Bereich, wenn z.B. jemand einem anderen aus Gefälligkeit bei Bauarbeiten hilft.[/box]

Versicherung kraft Satzung:

Eine Versicherungspflicht kann sich auch aus einer Satzung eines Versicherungsträgers ergeben. Erfasst sind hiervon Unternehmer und ihre Ehegatten, Personen, die sich auf einer Unternehmensstätte aufhalten (Besucher), ehrenamtlich Tätige, bürgerschaftlich Engagierte und Personen, die im Ausland für eine staatliche deutsche Einrichtung beschäftigt sind (§ 3 Abs. 1 SGB VII).

Freiwillige Versicherung:

Es gibt bestimmte Personen, die sich freiwillig versichern können, sofern sie einen schriftlichen Antrag stellen, § 6 SGB VII. Der Versicherungsschutz beginnt dann an dem Tag, an dem der Antrag eingeht und erlischt, wenn Beiträge oder Vorschüsse nicht binnen zwei Monaten nach Fälligkeit gezahlt werden, § 6 Abs. 2 SGB VII. Freiwillig versichern lassen können sich Unternehmer und mitarbeitende Ehegatten (mit Ausnahmen), Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften wie Unternehmer selbstständig tätig sind, Ehrenamtsträger gemeinnütziger Organisationen und Ehrenamtliche, die sich z.B. in Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften einsetzen.

Versicherungsfrei sind schließlich Personen, die der gesetzlichen Unfallversicherung nicht bedürfen, weil sie bereits anderweitig abgesichert oder in der Lage sind, selbst vorzusorgen; hierzu gehören z.B. Beamte und Ärzte, § 4 SGB VII. Die Versicherungsfreiheit tritt automatisch ein.

Versicherte Tätigkeiten:

Dies sind Tätigkeiten, die den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 SGB VII begründen, also z.B. die Tätigkeit als Rettungshelfer (§ 8 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII).

Gemäß § 8 Abs. 2 SGB VII wird aber auch der Weg zur Arbeit hin und zurück geschützt, und zwar auch dann, wenn kleine Umwege eingelegt werden, weil man dann z.B. ein Kind zu einer Kindertagesstätte bringen oder einen Kollegen/anderen Versicherten zur Arbeit mitnehmen kann etc.

Nach der Rechtsprechung des BSG können auch Verhaltensweisen, die der Durchführung eines Arbeitskampfes dienen, als versicherte Tätigkeiten im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB VII angesehen werden. Dies gilt z.B. dann, wenn ein Streikposten verletzt wird.

Zusätzliche Haftung:

Im Falle eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit kann es zusätzlich zu einer Schadensersatzhaftung des Arbeitgebers oder der Kollegen der Betroffenen kommen.

 

Einleitung:

Wird der Versicherungsfall durch den Arbeitgeber oder einen Kollegen des Geschädigten verursacht, so ist zusätzlich an eine privatrechtliche Haftung des Schädigers, z.B. nach den §§ 823 ff. BGB, zu denken. Dadurch würde der Betroffene jedoch doppelt begünstigt, denn er könnte sich sowohl an den Schädiger halten, als auch Unfallversicherungsleistungen erhalten.

Dies wird jedoch dadurch ausgeschlossen, dass die gesetzliche Unfallversicherung des SGB VII in den §§ 104 ff. die Anwendung des privaten Schadensersatzrechts verdrängt. Hierfür sprechen (u.a.) die folgenden Überlegungen: Der Arbeitgeber finanziert die gesetzliche Unfallversicherung seines Arbeitnehmers und kommt schon auf diese Weise für die diesem etwaig entstehenden Schäden auf. Das rechtfertigt es, ihn von privater Schadensersatzhaftung freizustellen und vor finanzieller Mehrfachbelastung zu schützen. Der Ausschluss privater Haftung von Arbeitgebern und Kollegen fördert das Betriebsklima, indem streitige Auseinandersetzungen um Personenschäden sowie gegenseitige Schuldzuweisungen vermieden werden. Der Träger der Unfallversicherung ist grds. eher in der Lage, auch tatsächlich eine Schadensersatzleistung zu erbringen, da er liquider sein dürfte als z.B. ein Arbeitskollege.

Freistellung der Arbeitgeber/Unternehmer:

Gemäß § 104 Abs. 1 SGB VII müssen Unternehmer im Falle eines Personenschadens nur dann einem Arbeitnehmer oder seinen Angehörigen/Hinterbliebenen Schadensersatz nach den Regeln des Zivilrechts leisten, wenn sie die Verletzungshandlung und den Schaden vorsätzlich herbeiführen oder wenn dieser auf einem versicherten Wegeunfall (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 – 4 SGB VII) auftritt; dies gilt nicht für Unfälle auf Betriebswegen. Auch ein zivilrechtlich zu zahlendes Schmerzensgeld (vgl. § 253 II BGB) wird durch § 104 SGB VII verdrängt.

Daraus folgt, dass für Sachschäden nach den allgemeinen Regeln des Zivilrechts gehaftet wird.

§ 104 SGB VII setzt voraus, dass der Personenschaden einen Versicherten betrifft, der für den Schädiger tätig ist oder in einem Verhältnis zu ihm steht, welches gleichfalls Versicherungsschutz begründet. Hierunter können z.B. Arbeitnehmer fallen, die eigentlich bei einem anderen Arbeitgeber tätig sind, aber – vorübergehend – im Unternehmen des Schädigers arbeiten (z.B. Leiharbeitnehmer). Auf diesem Wege kann die Haftungsfreistellung auch auf den privaten Bereich erstreckt werden, z.B. bei der „Freundschaftshilfe“ bei einem Häuserbau oder Reparaturarbeiten.

Weitere Voraussetzung der Haftungsfreistellung ist, dass der Personenschaden auf einen Versicherungsfall zurück zu führen ist, also auf einem Arbeitsunfall oder auf eine Berufskrankheit.

[box type=”alert”]Achtung! Beruht der Personenschaden auf grob fahrlässigem oder vorsätzlichen Tun bzw. Unterlassen, so erhalten die Sozialversicherungsträger gemäß § 110 Abs. 1 SGB VII einen Regressanspruch gegen den Schädiger! Dessen Höhe entspricht dem Schadensersatzanspruch, der sich aus der zivilrechtlichen Haftung ergeben hätte.[/box]

Ferner können die Sozialversicherungsträger vollen Aufwendungsersatz von einem Unternehmer verlangen, wenn sie Versicherungsleistungen für einen Versicherungsfall erbringen müssen, der sich bei sog. „Schwarzarbeit“ ereignete, § 110 Abs. 1a SGB VII.

§ 110 Abs. 2 SGB VII erlaubt jedoch einen (anteiligen) Verzicht nach billigem Ermessen.

Haftungsfreistellung von Arbeitskollegen/im Betrieb tätigen Personen:

Auch Kollegen haften für Personenschäden ggü. Arbeitskollegen, ihren Angehörigen/Hinterbliebenen zivilrechtlich nur, wenn sie den Schaden vorsätzlich oder auf einem Wegeunfall herbeigeführt haben, § 105 SGB VII (vgl. oben, Freistellung der Unternehmer).

Als Arbeitskollegen gelten neben den im selben Betrieb bzw. Unternehmen Beschäftigten auch die sog. „Wie-Beschäftigte“ (zu diesem Begriff s. „Unfallversicherung – Überblick).

Erforderlich ist also nur, dass der Geschädigte in den Betrieb eingegliedert ist. Das ist (selbstverständlich!) auch der Arbeitgeber/Unternehmer selbst. Schädigt der Angestellte fahrlässig seinen Arbeitgeber, greift daher ebenfalls die Haftungsfreistellung, § 105 Ab. 2 SGB VII. Dies gilt sogar dann, wenn der Arbeitgeber selbst gar nicht versichert ist. Schließlich erfolgt eine Haftungsfreistellung auch gegenüber Beamten, die gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherungsfrei sind. Der Grund dieser Haftungsfreistellung ist darin zu sehen, dass diese Ersatzleistungen kraft Beamtenrecht erhalten, nicht zuletzt aber auch in der Förderung des Betriebsfriedens, wenn Beamte und Nichtbeamtete zusammen arbeiten.

Betriebsangehörige sind gemäß § 106 Abs. 4 SGB VII auch ggü. Besuchern der Betriebsstätte von der Haftung für Personenschäden freigestellt.

[box type=”alert”]Achtung! § 110 Abs. 1 und 2 SGB VII (s.o.) gelten auch für im Betrieb Tätige![/box]

Haftungsfreistellung bei Nutzung einer gemeinsamen Betriebsstätte:

Aus § 106 Abs. 3 SGB VII ergibt sich eine Haftungsfreistellung nach Maßgabe der §§ 104, 105 SGB VII, wenn mehrere Unternehmen vorübergehend gemeinsam auf einer Betriebsstätte tätig werden, besonders bei gemeinsamer Tätigkeit beim Zivilschutz oder bei Unglücksfällen.

Mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist zu fordern, dass die Zusammenarbeit an der gemeinsamen Betriebsstätte bewusst und gewollt erfolgt. Ein bloß zufälliges Aufeinandertreffen genügt also nicht.

Beispiele: Zusammenwirken mehrerer Bauunternehmen und Handwerksbetriebe bei der Errichtung eines umfangreichen Neubauprojekts. – Keine Haftungsfreistellung, wenn die Lkw zweier Warenlieferanten an der Warenannahme eines Kaufhauses kollidieren.

Der Geschädigte des anderen Unternehmens (Angestellte, Wie-Beschäftigte, der Unternehmer persönlich) muss durch die Zusammenarbeit dem typischen Gefahrenrisiko ausgesetzt worden sein, das mit der beruflichen Tätigkeit des Schädigers einhergeht.

[box type=”alert”]Achtung! § 110 Abs. 1 und 2 SGB VII (s.o.) gelten auch hier![/box]

Weitere Haftungsfreistellungen:

§ 106 SGB VII enthält weitere Freistellungstatbestände, die vor allem Schädigungen im Bereich von Schulen und Pflegeeinrichtungen umfassen.

Präventionsleistungen: Ziel der Unfallversicherung ist die Verhinderung von Berufsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren. Zu diesem Zweck erlassen die Versicherungsträger sog. Unfallverhütungsvorschriften, die branchenspezifisch sind und deren Einhaltung durch Aufsichtsbeamte überwacht wird (§§ 15 ff. SGB VII).

Leistungen im Versicherungsfall: Im Falle eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit (s.o.) sollen die Versicherungsträger die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Versicherten mit allen geeigneten Mitteln fördern oder eine Entschädigung in Geld an die Hinterbliebenen zahlen (vgl. § 1 Nr. 2 SGB VII).
Zu den Leistungen zählen Heilbehandlungsmaßnahmen, Verletztengeld für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit, Pflegegeld, Hinterbliebenen- oder Verletztenrente und Rehabilitationsmaßnahmen medizinischer, aber auch sozialer oder berufsfördernder Art (§ 26 As. 1 SGB VII). Ziel dieser Leistungen sind vornehmlich die Besserung bzw. Behebung von Gesundheitsschäden und Folgeschäden. Zumindest aber soll vermieden werden, dass sich eine gesundheitliche Beeinträchtigung noch steigert. Zudem soll dem Betroffenen (wieder) die Teilhabe am beruflichen und gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden. Aus diesem Grunde sind auch vorrangig Behandlungs- und Rehabilitationsmaßnahmen zu gewähren, bevor der Betroffene eine Rente verlangen kann (vgl. § 26 Abs. 3 SGB VII).

Heilbehandlungen: Die Unfallversicherer müssen alle Behandlungsmaßnahmen ermöglichen, die der Heilung des Betroffenen dienlich sind. Hierzu wird der Versicherte zunächst durch einen „Durchgangsarzt“ untersucht, der feststellt, ob eine fachmedizinische oder speziell unfallmedizinische Behandlung erforderlich ist. Im letzteren Fall kann der Betroffene in einer Unfallklinik behandelt werden; solche Kliniken der Unfallversicherer sind auf die Behandlung (bestimmter) Arbeitsunfallschäden spezialisiert.
Alle Behandlungsmaßnahmen müssen dem gegenwärtigen medizinischen Standard entsprechen und werden in Form von Dienst- und/oder Sachleistungen erbracht, §§ 26 Abs. 4, 28 Abs. 2 und 3 SGB VII.
Zu den Heilbehandlungsmaßnahmen zählen gemäß § 27 Abs. 1 SGB VII die Erstversorgung, ärztliche und zahnärztliche Behandlungen, die Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, häusliche Krankenpflege, die Behandlung in Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen, sowie bestimmte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben: Zu den Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zählen zahlreiche Wiedereingliederungsmaßnahmen, aber auch Leistungen zur Teilnahme am Gemeinschaftsleben sowie ergänzende Leistungen (s. §§ 35 ff. SGB VII).
Beispiele: Kraftfahrzeughilfe, Wohnungshilfe, Beratungen, Haushaltshilfen.
Auch bei Pflegebedürftigkeit des Betroffenen werden besondere Leistungen erbracht. Gemäß § 44 Abs. 1 SGB VII wird dann entweder ein Pflegegeld gezahlt, eine Pflegekraft gestellt oder der Betroffene in einem Pflegeheim untergebracht, solange er nicht in der Lage ist, die gewöhnlichen und wiederkehrenden Aufgaben des alltäglichen Lebens zu verrichten.

Geldleistungen: Es gibt zwei Arten von Geldleistungen, die von der Unfallversicherung erbracht werden. Zum einen das Verletztengeld (§§ 45 ff. SGB VII), welches als Ausgleich dafür gezahlt wird, dass ein Versicherter arbeitsunfähig geworden ist oder zumindest nicht mehr ganztägig arbeiten kann. Es handelt sich daher um eine Variante der Entgeltfortzahlung, die sich an die Entgeltfortzahlung nach dem EFZG anschließt und gleich lautende Ansprüche gegen die Krankenversicherung aufhebt.
Zum anderen erhält der Betroffene ein Übergangsgeld nach den §§ 49 ff. SGB VII, wenn er Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (s.o.) erhält.

Renten: Der Versicherte erhält nach den §§ 56 ff. SGB VII eine Rente, wenn seine Erwerbsfähigkeit durch den Arbeitsunfall oder Berufskrankheit vermindert wurde (sog. Verletztenrente). Zugleich soll der Betroffene durch sie eine Entschädigung für erlittene Schmerzen erhalten.
Vorauszusetzen ist, dass die Erwerbsfähigkeit längerfristig, also länger als 26 Wochen nach Eintritt des Versicherungsfalles, um wenigstens 20% gemindert ist, § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Beruht die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf mehreren Vorfällen bzw. Ereignissen, so müssen diese insgesamt zu einer Reduzierung um mindestens 20% führen (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Ob diese Grenzen erreicht sind, entscheidet zwar der Richter, doch muss er sich insoweit auf ein medizinisches Gutachten stützen.
Die Erwerbsminderung wird abstrakt berechnet und erfasst die verringerten Möglichkeiten des Betroffenen, seinem bisherigen Erwerb nachzukommen und seine beruflichen Fähigkeiten und Erfahrungen einzusetzen (vgl. § 56 Abs. 2 SGB VII). Konkrete Benachteiligungen müssen daher nicht nachgewiesen werden; es genügt, wenn die Erwerbsfähigkeit abstrakt nach dem Versicherungsfall um 20% geringer ist als vor dem Versicherungsfall.
Die Höhe der Verletztenrente hängt von dem Jahresarbeitsverdienst des Betroffenen in den letzten 12 Monaten vor Eintritt des Versicherungsfalls ab. Bei Personen, die kraft Satzung versichert sind, also z.B. Unternehmer, wird der Jahresarbeitsverdienst hingegen mit einem bestimmten Prozentsatz kraft Satzung ermittelt.
Diese Summe aus Arbeitseinkommen und -entgelt wird zu zwei Dritteln angesetzt und mit dem Prozentgrad der erlitten Erwerbsfähigkeitsminderung multipliziert, wenn die Erwerbsfähigkeit nur reduziert ist. Falls die Erwerbsfähigkeit insgesamt weggefallen ist, besteht stattdessen ein Rentenanspruch in Höhe von 2/3 des Jahresarbeitsverdienstes, § 56 Abs. 3 SGB VII.

Abfindung: Die Abfindung ersetzt nach den §§ 75 ff. SGB VII die voraussichtlich zu zahlende Rente in Form einer Gesamtvergütung.
Eine Abfindung wird z.B. dann gezahlt, wenn damit zu rechnen ist, dass eine Rente nur als vorläufige Entschädigung gezahlt werden würde, § 75 S. 1 SGB VII. Mit Ablauf des Zeitraums, den die Abfindung abdecken sollte, kann eine Rente als vorläufige Entschädigung oder auf unbestimmte Zeit beantragt werden.
Eine Abfindung kann gemäß § 76 SGB VII auch ein Versicherter beantragen, dessen Erwerbsminderung unterhalb 40% liegt. Vorauszusetzen ist, dass mit einer weiteren, wesentlichen Verschlechterung der Erwerbsfähigkeit nicht zu rechnen ist. Sollte eine solche nach Auszahlung wider Erwarten dennoch eingetreten sein, so wird insoweit eine Rente gezahlt.
Einen vergleichbaren Anspruch enthält § 78 SGB VII für Fälle, in denen der Versicherte eine Erwerbsfähigkeitsminderung größer/gleich 40% erlitten hat. Allerdings muss er dann zusätzlich bereits das 18. Lebensjahr vollendet haben. Die Berechnung der Abfindung ist in § 79 SGB VII geregelt: Sie wird bis zur Hälfte für 10 Jahre abgefunden, sodass während dieser Zeit die Rentenansprüche anteilig erlöschen. Die Abfindung beträgt das Neunfache des zugrundeliegenden Jahresbetrages der Rente.
Mit dem etwaigen Eintritt der Schwerverletzteneigenschaft lebt ein Rentenanspruch gemäß § 77 SGB VII wieder auf, auch wenn der Betroffene eine Abfindung erhalten hat. Allerdings kann die Abfindung dann auf die Rentenzahlungen angerechnet werden, die ohne Abfindung in der Zwischenzeit ausgezahlt worden wären. Jedoch stellt das Gesetz sicher, dass dem Betroffenen in jedem Falle trotz Anrechnung ein monatlicher Rentenanspruch in Höhe von 50% verbleibt (§ 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VII).
Erhält eine Witwe oder ein Witwer eine Rente und heiratet sie oder er erneut, so wird eine Abfindung für die Rente in Höhe des 24fachen Monatsbetrages ausgezahlt, § 80 SGB VII. Dessen Berechnung hängt gemäß § 80 Abs. 2 SGB VII davon ab, wie früh oder spät die Wiederheirat nach dem Tod des Versicherten stattfindet.

Leistungen an Hinterbliebene: Auch diese können nach den §§ 63 ff. SGB VII Leistungen der Unfallversicherung erhalten, und zwar in Form von Renten, Sterbegeldern, Beilhilfen oder Erstattungen.
Bedeutsam ist die Beihilfe. Diese ist dann zu zahlen, wenn der Tod des Versicherten nicht auf dem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit beruht und dessen Erwerbsminderung größer/ gleich 50% betrug (§ 71 Abs. 1 SGB VII). Durch die Beihilfe wird dann berücksichtigt, dass der Betroffene zu Lebzeiten nicht in vollem Umfange für sich und seine Familie vorsorgen konnte. Unter Umständen kann eine laufende Beihilfe nach Maßgabe des § 71 Abs. 4 SGB VII gewährt werden.

Eine Krankheit gilt gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII erst dann als Berufskrankheit, wenn sie infolge einer versicherten Tätigkeit eintritt und kraft Rechtsverordnung (Berufskrankheitenverordnung, s.u.) als solche anerkannt ist. Dann kann ggf. die Ursächlichkeit der beruflichen Tätigkeit für die Berufskrankheit vermutet werden (§ 9 Abs. 3 SGB VII).

Kennzeichnend ist der Umstand, dass die Krankheit nicht durch ein einmaliges Ereignis begründet wird – dann ist an einen Arbeitsunfall zu denken –, sondern sich oft erst im Laufe der Zeit entwickelt.

Beispiel: Arbeitnehmer A kommt im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit immer wieder mit Chemikalien in Kontakt und erleidet nach 20 Berufsjahren eine Erkrankung der Atemwege.

Krankheiten, durch die sich das allgemeine Lebensrisiko realisiert, sind nicht beruflich veranlasst und daher keine Berufskrankheiten.

Anerkennungsfähig sind Krankheiten, die nach medizinischen Erkenntnissen durch Einwirkungen verursacht werden, die bestimmte Personen durch ihre Berufsausübung viel häufiger erleiden als der Rest der Bevölkerung.

Da die Rechtsverordnung nicht ohne Weiteres in der Lage ist mit der Geschwindigkeit medizinischer Forschungen Schritt zu halten, wird eine Krankheit auch ohne Bezeichnung in ihr anerkannt, sofern nur die Medizin eine Verbindung von versicherter Tätigkeit und Krankheitsbild herleiten kann, § 9 Abs. 2 SGB VII.

Berufskrankheiten nach der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung:

Krankheiten, die durch chemische Einwirkungen von Metallen und Metalloiden entstehen, z.B. durch Blei, Quecksilber, Chrom, Cadmium, Mangan, Thallium, Vanadium, Arsen, Phospor und Beryllium und durch Verbindungen mit diesen Stoffen Krankheiten, die im Zusammenhang mit Erstickungsgasen entstehen, genauer durch Kontakt mit Kohlenmonoxid oder Schwefelwasserstoff Erkrankungen, die sich aus chemischen Einwirkungen durch Lösemittel, Schädlingsbekämpfungsmitteln und sonstigen chemischen Stoffen ergeben: Schleimhautveränderungen, Krebs und andere Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine;

Erkrankungen durch Kontakt mit Halogenkohlenwasserstoffen; Benzol (seine Homologe, bestimmte Verbindungen und Abkömmlinge oder Styrol); Schwefelkohlenstoff; Methylalkohol; organische Phosphorverbindungen; Fluor (und seine Verbindungen); Salpetersäureester; Akyl-/Aryl-/Alkylaryloxide; Alkyl-/Aryl-/Alkylarysulfide; Zahnerkrankungen durch Säurekontakt; Hornhautschädigungen des Auges durch Benzochinon; para-tertiär-Butylphenol; Isocyanate (nur in schlimmen Fällen); Lebererkrankungen durch Dimethylformamid; Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel (oder Mischungen)

 

Krankheiten, die auf mechanischen Einwirkungen beruhen: Erkrankungen der Sehnenscheiden, des Sehnengleitgewebes, der Sehnen- oder Muskelansätze (je in schlimmen Fällen); Meniskusschäden (infolge besonderer Beanspruchung); Erkrankungen durch Erschütterungen (Tätigkeit mit Druckluftwerkzeugen etc.); vibrationsbedingte Durchblutungsstörungen an den Händen (in schlimmen Fällen); chronische Schleimbeutelerkrankungen; Druckschädigung der Nerven; Abrissbrüche der Wirbelfortsätze; Bandscheibenerkrankungen im Bereich der Lendenwirbelsäule oder Halswirbelsäule durch ständiges Heben, Tragen, Arbeit in gebeugter Haltung oder durch Erschütterungen bei sitzender Tätigkeit (in schlimmen Fällen)

Zahnabrasionen infolge längerer quarzstaubbelastender Tätigkeit

Erkrankungen durch Arbeit in Druckluft

Lärmschwerhörigkeit

Strahlenerkrankungen: Grauer Star durch Wärmestrahlung; Krankheiten durch ionisierende Strahlen

Krankheiten, die auf Infektionserregern, Parasiten verursacht werden (z.B. Tropenkrankheiten): Infektionskrankheiten aus einer Tätigkeit im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege, in einem Labor und ähnlichen infektionsgeneigten Tätigkeiten; Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden; Wurmkrankheiten von Bergleuten durch Ankylostoma duodenale oder Strongyloides stercoralis; Tropenkrankheiten und Fleckfieber

Erkrankungen von Atemwegen, Lunge, Rippenfell und Bauchfell durch anorganische Stäube: Quarzstaublungenerkrankung (Silikose), auch in Verbindung mit aktiver Lungentuberkulose (Siliko-Tuberkulose); Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) und Erkrankungen der Pleura, die auf Asbeststaub zurückgehen; Lungen- oder Kehlkopfkrebs (auch in Verbindung mit Asbestose, Pleuraerkrankungen durch Asbeststaub und unter weiteren Voraussetzungen); Mesotheliom des Rippen-/Bauchfells oder Perikards, das durch Asbest verursacht wurde; Lungen- und Atemwegserkrankungen durch Aluminium(verbindungen); Lungenfibrose durch Metallstäube; Lungen- und Atemwegserkrankungen durch Thomasmehl; bösartige Neubildungen der Atemwege bzw. der Lunge durch Nickel(verbindungen) oder Kokereirohgase; chronisch obstruktive Bronchitis oder Emphysem bei Bergleuten (unter bestimmten Voraussetzungen); Lungenkrebs infolge Kontakt mit kristallinem Siliziumdioxid bei nachgewiesener Silikose oder Siliko-Tuberkulose;

Erkrankungen der Atemwege, der Lunge, des Rippen- oder Bauchfells durch organische Stäube: Exogen-allergische Alveolitis; Atemweges- und Lungenkrankheiten durch Rohbaumwoll-, Rohflachs oder Rohhanfstaub; Adenokarzinome in der Nasenhaupt- oder Nasennebenhöhle durch Eichen- oder Buchenholzstaub

Obstruktive Atemwegserkrankungen: Obstruktive Atemwegserkrankungen (inkl. Rhinopathie), die auf allergisierenden Stoffen beruhen (in schlimmen Fällen), oder die auf chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen zurückzuführen sind (ebenfalls in schlimmen Fällen)

Hautkrankheiten: Schwere, wiederkehrende Hauterkrankungen (in schlimmen Fällen); Hautkrebs oder Hautveränderungen, die zur Krebsbildung neigen, sofern auf Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech oder ähnliche Stoffe rückführbar

Augenzittern von Bergleuten

Bei Hauterkrankungen gelten z.T. zusätzliche Einschränkungen. Sollten Unsicherheiten bestehen, ob eine anerkannte Berufskrankheit vorliegt oder ob eine Erkrankung als solche anerkannt werden kann, obwohl sie nicht in der Rechtsverordnung aufgeführt ist, sollte unbedingt fach-anwaltlicher Rat eingeholt werden.