Die Befristung eines Arbeitsvertrags kann trotz Vorliegens eines Sachgrunds aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls ausnahmsweise rechtsmissbräuchlich und daher unwirksam sein. Für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs können insbesondere eine sehr lange Gesamtdauer oder eine außergewöhnlich hohe Anzahl von aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen mit demselben Arbeitgeber sprechen (=”Kettenbefristung”).

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nennt beispielhaft derartige Sachgründe. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG liegt ein sachlicher Grund vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Dem Sachgrund der Vertretung steht nach der Rechtsprechung des Siebten Senats auch eine größere Anzahl der mit einem Arbeitnehmer geschlossenen befristeten Verträge nicht entgegen. Entscheidend ist allein, ob bei der letzten Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag. Weiterlesen

Mit Zunahme nur befristet abgeschlossener Arbeitsverhältnisse wächst auch die Anzahl an arbeitsgerichtlichen Urteilen zum Thema Arbeitsplatzbefristung. Mit Urteil vom 06.04.2011 (Az.: 7 AZR 716/09) hat sich das Bundesarbeitsgericht nun mit dem Verbot einer sachgrundlosen Befristung nach einer „Zuvor-Beschäftigung” befasst.

Der Ausgangsfall

Beim Freistaat Sachsen (Beklagte) war eine Lehrerin (Klägerin) für die Dauer von zwei Jahren befristet angestellt. Ihr Arbeitsverhältnis sollte zum 31.07.2008 auslaufen. Schon während ihres Studiums hatte sie in den Jahren 1999/2000 fünfzig Stunden als studentische Hilfskraft für die Beklagte gearbeitet. Auf Grund dieser vorausgegangenen Beschäftigung hielt sie die Befristung ihres Arbeitsplatzes für ungültig.

Keine sachgrundlose Befristung im Anschluss an ein früheres Arbeitsverhältnis,…

Dazu muss man wissen, dass nach § 14 II 1 TzBfG (Teilzeit-/Befristungsgesetz) ein Arbeitsverhältnis bis zur Dauer von maximal zwei Jahren ohne Angabe von Gründen befristetet abgeschlossen werden kann (sog. sachgrundlose Befristung).

Hiervon macht § 14 II 2 TzBfG jedoch für den Fall eine Ausnahme, in dem zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bereits zuvor ein (un-)befristetes Beschäftigungsverhältnis bestanden hatte. Ein weiteres Arbeitsverhältnis kann dann nicht sachgrundlos befristet werden, weshalb die Klägerin annahm, die Befristung ihrer Anstellung als Lehrerin sei unwirksam gewesen. Das BAG zeigte sich in der oben genannten Entscheidung jedoch tendenziell arbeitgeberfreundlich…

…es sei denn, es sind inzwischen drei Jahre vergangen

Nach dem BAG muss die Befristung einer weiteren Anstellung dann nicht begründet werden, wenn zwischen dem vorausgegangen (un-)befristeten und dem späteren zu befristenden Arbeitsverhältnis mindestens drei Jahre liegen. In diesem Fall könne die frühere Beschäftigung nämlich nicht mehr als „Zuvor-Beschäftigung” im Sinne des § 14 II 2 TzBfG aufgefasst werden.

Seine Entscheidung stützt das Gericht auf die Vertragsfreiheit der Betroffenen, aber vor allem auf Sinn und Zweck von § 14 TzBfG. Dieser soll einerseits Arbeitgebern ermöglichen, ihre Personalstärke flexibel an die wirtschaftliche Situation und die Nachfrage am Markt anzupassen, sowie Arbeitnehmern den Zugang zu einer Daueranstellung über den Umweg eines befristeten Arbeitsverhältnisses eröffnen.

Andererseits soll § 14 II 2 TzBfG das Entstehen von „Befristungsketten” und den Missbrauch der sachgrundlosen Befristung verhindern. In diesem Ziel sieht das BAG allerdings zugleich die Gefahr, dass sich der Arbeitgeber wegen der vorausgegangenen Beschäftigung an einer weiteren Einstellung des betroffenen Arbeitnehmers gehindert sieht. Das Verbot einer sachgrundlos befristeten „Anschlussanstellung” könne sich daher entgegen der gesetzlichen Intention nachteilig für Arbeitnehmer auswirken.

Deshalb will das Gericht den Anwendungsbereich von § 14 II 2 TzBfG auf solche Beschäftigungen beschränken, die zeitnah der vorausgegangenen (un-)befristeten Anstellung folgen. Nur wenn zwischen beiden Vertragsschlüssen eine geringe zeitliche Spanne liegt, sei zu befürchten, dass der Arbeitgeber die Befristungsmöglichkeit zulasten des Arbeitnehmers ausnutzt und nur dann bestehe auch die Gefahr einer Befristungskette. Wenn aber zwischenzeitlich mindestens drei Jahre vergangen sind, schließt sich das eine Arbeitsverhältnis nicht an das andere an und von einer Befristungskette könne nicht mehr die Rede sein. In diesem Fall ist – jedenfalls in der Regel – eine sachgrundlose Befristung (wieder) möglich. Die dreijährige Dauer dieser „Frist” entnimmt das BAG dabei der zivilrechtlichen Verjährung (vgl. § 195 BGB).

Durch diese Auslegung will das Gericht nicht zuletzt auch die Berufswahlfreiheit der betroffenen Arbeitnehmer stärken. Sie führt im Ausgangsfall jedoch dazu, dass die spätere Befristung der Klägerin rechtswirksam war. Wäre sie hingegen unwirksam gewesen, dann hätte ihr Anstellungsverhältnis nach § 16 TzBfG auf unbestimmte Zeit fortbestehen können. Es dürfte zu bezweifeln sein, dass sich die Klägerin unter diesen Umständen über die Stärkung ihrer Berufswahlfreiheit gefreut hat…

Dass heutzutage immer mehr Arbeitsverhältnisse nur noch befristet abgeschlossen werden, ist eine traurige Realität, deren weitreichende gesellschaftlichen Folgen für die Betroffenen verheerend sein können (z.B. bei der Wohnungssuche oder der Kreditvergabe).

Selbst der Staat ist sich jedoch nicht zu schade, von der Befristungsmöglichkeit Gebrauch zu machen, z.B. in Form der sog. Haushaltsbefristung.

Arbeitsstellen können kraft Haushaltsplan befristet werden

Grundsätzlich bedarf jede Befristung eines Arbeitsverhältnisses nach § 14 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) eines sachlichen Grundes.

Dieser kann nach § 14 I 2 Nr. 7 TzBfG auch darin liegen, dass ein Haushaltsplan Mittel ausweist, die speziell für ein befristetes Beschäftigungsverhältnis gedacht sind (sog. Haushaltsbefristung). Dabei handelt es sich um einen Befristungsgrund, den der Gesetzgeber ausschließlich zugunsten der öffentlichen Hand geschaffen hat. Ein privater Arbeitgeber kann eine Befristung also nicht auf § 14 I 2 Nr. 7 TzBfG stützen.

Aber auch im öffentlichen Dienst kann dieser Befristungsgrund nicht uneingeschränkt genutzt werden. Das zeigt u.a. ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 09.03.2011 (Az.: 7 AZR 728/09).

Sachverhalt

Ein Mann (Kläger) hatte bei der Bundesagentur für Arbeit (Beklagte) einen bis zum 31.12.2008 befristeten Arbeitsplatz erhalten. Die Befristung stützte die Beklagte auf die Ausweisungen ihres Haushaltsplanes für 2008, nach dem bei ihr 5.800 befristete Stellen geschaffen werden sollten. Da der Kläger aus diesen Mitteln bezahlt wurde, rechtfertigte der Haushaltsplan aus Sicht der Beklagten gemäß § 14 I 2 Nr. 7 TzBfG auch die Befristung seines Beschäftigungsplatzes.

Der Kläger konnte jedoch mit Erfolg vor Gericht geltend machen, dass die Befristung unwirksam war.

Haushaltsbefristung durch die Bundesagentur für Arbeit ist verfassungswidrig

Das BAG gab dem Kläger Recht, weil die Bundesagentur eine Befristung der bei ihr Angestellten nicht mit ihrem eigenen Haushaltsplan rechtfertigen dürfe.

Zur Begründung verweist das Gericht auf den im Grundgesetz gewährleisteten allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 I GG): Dadurch, dass eine Haushaltsmittelbefristung nach § 14 I 2 Nr. 7 TzBfG nur im öffentlichen Dienst möglich ist, werden die dort Beschäftigten anders behandelt als Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft. Ihre Arbeitsverhältnisse genießen (noch) weniger Bestandsschutz als die bei privaten Arbeitgebern, da der zusätzliche Befristungsgrund des § 14 I 2 Nr. 7 TzBfG nur für sie gilt.

Und diese Ungleichbehandlung kann nach der vorliegenden Entscheidung dann nicht mehr mit der Verfassung vereinbart werden, wenn die öffentliche Verwaltung in einer Person nicht nur Haushaltsplangeber, sondern auch Arbeitgeber ist. Genau das ist aber bei der Beklagten der Fall: Ihr Vorstand ist nicht nur stellvertretend Arbeitgeber der bei der Agentur Beschäftigten, sondern zugleich auch für die Aufstellung des Haushaltsplanes zuständig

Diese Doppelstellung darf die Bundesagentur für Arbeit nach dem BAG nun nicht länger ausnutzen, indem sie sich einerseits durch ihren Haushaltsplan Befristungsmöglichkeiten schafft und diese andererseits ausnutzt, um wenigstens einen Teil ihres Personals nicht dauerhaft einstellen zu müssen. Eine solche Privilegierung sei mangels sachlicher Rechtfertigung mit der Verfassung nicht vereinbar.

Daraus folgert das Gericht, dass es der Bundesagentur aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht gestattet ist, eine Befristung unter Berufung auf § 14 I 2 Nr. 7 TzBfG zu rechtfertigen.

Unwirksame Befristung bedeutet unbefristete Beschäftigung

Da die Beklagte die Befristung des Klägers bei verfassungskonformer Auslegung nicht auf § 14 I 2 Nr. 7 TzBfG stützen konnte, existierte somit keine rechtswirksame Befristungsabrede.

In solchen Fällen folgt aus § 16 TzBfG, dass ein Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt, wenn die Befristung rechtsunwirksam ist. Möglich bleibt allerdings eine ordentliche Kündigung.

Dennoch hat sich der Prozess für den Kläger ausgezahlt. Gleiches galt in einem Parallelfall (Az. 7 AZR 47/10), in dem die Befristung einer Angestellten der Bundesagentur für Arbeit auf deren Haushaltsplan für das Jahr 2007 gestützt worden war.