Fast alle Rechtsansprüche unterliegen der Verjährung und können daher nach dem Ablauf bestimmter Fristen nicht mehr durchgesetzt werden (vgl. §§ 195 ff. BGB). Für den Lohnanspruch des Arbeitnehmers gilt z.B. eine dreijährige Verjährungsfrist.
Im Arbeitsrecht werden jedoch häufig sog. Verfall- bzw. Ausschlussfristen vereinbart, die bewirken, dass dieser Anspruch schon nach kurzer Zeit erlischt, lange bevor er verjähren konnte.
Verlust des Lohnanspruchs nach Fristablauf!
Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung können Ausschlussfristen für den Lohnanspruch vereinbart werden. Wenn der Arbeitgeber nicht zahlt und der Arbeitnehmer sich nicht zur Wehr setzt, entfällt der Anspruch daher z.B. schon drei Monate nach Fälligkeit. Bleibt der Lohn aus, sollten Arbeitnehmer daher nicht lange warten, sondern zügig den Rechtsweg ergreifen.
Dabei ist zu beachten, dass tarifvertragliche Lohnansprüche nur einer tariflich vereinbarten Ausschlussfrist unterworfen werden können (§ 4 IV 3 TVG). Für einen Anspruch, der Gegenstand einer Betriebsvereinbarung ist, kann wiederum nur durch Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag eine Verfallfrist begründet werden (§ 77 IV 4 BetrVG).
Einzelvertraglich kann eine Ausschlussfrist daher nur für solche Ansprüche begründet werden, die durch den Arbeitsvertrag individual vereinbart wurden.
Anspruch auf „Equal Pay” bei Leiharbeit
Nach §§ 10 IV, 9 Nr. 2 AÜG (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz) haben Leiharbeitnehmer gegen ihren Arbeitgeber (dem Verleiher) einen Anspruch darauf, dass sie im Wesentlichen zu denselben Bedingungen beschäftigt werden wie die sonstigen Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb (bei vergleichbarer Tätigkeit).
Das gilt insbesondere hinsichtlich des Arbeitslohns, daher der Begriff „Equal Pay” (gleicher Lohn). Der Leiharbeitnehmer darf also (grundsätzlich) nicht schlechter bezahlt werden als dauerhaft angestellte Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb mit vergleichbaren Aufgaben.
Es stellt sich allerdings die Frage, ob eine im Entleiherbetrieb geltende Ausschlussfrist als „wesentliche Arbeitsbedingung” auch für Leiharbeitnehmer gilt. Die Antwort auf diese Problematik folgt aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28.03.2011 (Az.: 5 AZR 7/10).
Ausschlussfristen im Entleiherbetrieb sind nicht Teil des „Equal Pay”-Anspruchs
Das BAG kommt in dem genannten Urteil zu dem Ergebnis, dass ein Leiharbeitnehmer von seinem Verleiher zwar die im Entleiherbetrieb übliche Vergütung verlangen kann, dabei aber nicht die dort bestehenden Ausschlussfristen beachten muss. Ausschlussfristen zählen demnach nicht zu den wesentlichen Arbeitsbedingungen, die der Leiharbeitgeber seinen Leiharbeitnehmern „gewähren” muss.
Daraus folgt: Ausschlussfristen gelten ausschließlich im Entleiherbetrieb und sind nur von den dort festangestellten Arbeitnehmern zu beachten. Leiharbeitnehmer aber können von ihrem Arbeitgeber auch dann noch „equal pay” verlangen, wenn entsprechende Vergütungsansprüche der Stammbelegschaft bereits erloschen wären.
Dieses für Leiharbeitnehmer begrüßenswerte Ergebnis leitet das BAG aus einer unionsrechtskonformen Auslegung von § 10 IV AÜG ab.
Der Ausgangsfall
Ein Leiharbeitnehmer (Kläger) war für mehrere Jahre an ein Unternehmen verliehen worden, in dem kraft Tarifvertrag alle Lohnansprüche einer bestimmten Ausschlussfrist unterliegen. Der Arbeitsvertrag des Klägers mit dem Leiharbeitgeber (Beklagter) enthielt jedoch keine entsprechende Frist.
Nach Beendigung des Leiharbeitsverhältnisses forderte der Kläger den Beklagten zu einer Lohnnachzahlung für die Dauer seines Einsatzes bei diesem Entleiher auf. Die dortige Stammbelegschaft habe bei vergleichbarer Tätigkeit einen höheren Lohn erzielt, weswegen der Beklagte ihm nach § 10 IV AÜG die Differenz zu seinem eigenen Lohn ersetzen müsse.
Der Beklagte berief sich jedoch auf die im Entleiherbetrieb geltende Ausschlussfrist und verweigerte daher die Zahlung.
Das BAG gab dem Kläger nun darin Recht, dass er die Nachzahlung von seinem Arbeitgeber ungeachtet der im Entleiherbetrieb geltenden Ausschlussfristen verlangen könne.
Dennoch wurde die Sache an das zuständige Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, da noch zu klären sei, ob und in welcher Höhe tatsächlich eine Lohndifferenz bestand.