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Die Regeln eines Tarifvertrags sind von Arbeitgeber und -nehmer nicht nur dann zu beachten, wenn sie beide Mitglied eines Arbeitgeberverbandes bzw. einer Gewerkschaft sind. Eine Geltung kraft Allgemeinverbindlicherklärung ist z.B. ebenfalls denkbar.

Oft ist Tarifvertragsrecht aber auch einfach deswegen maßgeblich, weil im Arbeitsvertrag die Geltung eines bestimmten Tarifvertrages vereinbart wurde. Dies geschieht durch sog. Einbeziehungs- oder Bezugnahmeklauseln. Weiterlesen

Im Falle eines Betriebsüberganges werden betroffene Arbeitnehmer durch § 613a BGB geschützt, der u.a. dazu führt, dass der Erwerber in das Beschäftigungsverhältnis eintritt und den bisherigen Arbeitgeber ersetzt. Ein Betriebsübergang bedeutet also nicht automatisch den Verlust des Arbeitsplatzes, sondern grundsätzlich „nur” den Wechsel des Arbeitgebers.

§ 613a BGB erfasst auch Betriebsübergänge ins (grenznahe) Ausland

Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 26.05.2011 (Az.: 8 AZR 37/10) ist § 613a BGB auch dann zu beachten, wenn im Zuge des Betriebsübergangs ein Betriebsteil in die Schweiz verlegt wird. Das gilt jedenfalls dann, wenn für den Arbeitsvertrag des von dem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmers deutsches Recht und somit eben auch § 613a BGB anzuwenden ist.

Der Ausgangsfall

Das Urteil betrifft ein in Südbaden angesiedeltes Unternehmen (Beklagter), dessen Konzernmutter in der Schweiz ebenfalls Unternehmen betreibt. Zum 01.01.2009 sollte nun auch ein Betriebsteil des Beklagten in die Schweiz an einen weniger als 60 km weit entfernten neuen Standort verlegt und von einem Schweizer Unternehmen desselben Konzerns fortgeführt werden.

Aus diesem Anlass erhielt ein Vertriebsingenieur (Kläger) zwei Kündigungen wegen der geplanten „Betriebsstilllegung”, aber auch ein Vertragsangebot von dem Schweizer Unternehmen, das er jedoch nicht annahm. Stattdessen erhob er Kündigungsschutzklage.

Kündigung wegen Betriebsteilverlegung in die Schweiz unwirksam

Hier nahm das BAG zunächst anstelle einer „Betriebsstilllegung” einen Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB an, weil das Schweizer Unternehmen alle wesentlichen immateriellen und materiellen Produktionsmittel des betroffenen Betriebsteils des Beklagten übernommen hatte. Das aber wiederum hieß, dass die Kündigungen durch den Beklagten gemäß § 613a IV BGB unwirksam waren, weil neben dem Verkauf des umgesiedelten Betriebsteils keine weiteren Kündigungsgründe geltend gemacht worden waren.

Dagegen lässt das BAG offen, ob der Kläger auch Ansprüche gegen das Schweizer Unternehmen hat.

Wenn ein Arbeitgeber seinen Betrieb oder zumindest einen Teil desselben veräußert, greift grundsätzlich die Regelung des § 613a BGB ein. Dieser führt z.B. zu einem Übergang der Arbeitsverhältnisse der betroffenen Arbeitnehmer auf den Erwerber, begründet Widerspruchsrechte der Belegschaft und beschränkt Kündigungsmöglichkeiten aus Anlass des Betriebsübergangs.

§ 613a BGB gilt beim Betriebsteilübergang nur für „verselbstständigte Einheiten”

Im Falle des Verkaufs eines Betriebsteils kann sich ein Arbeitnehmer nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 07.04.2011 (Az.: 8 AZR 730/09) aber nur unter den folgenden Voraussetzungen auf die für ihn günstige Regelung des § 613a BGB berufen:

  1. Der betroffene Betriebsteil muss bereits beim früheren Inhaber eine eigene Einheit gebildet haben.
  2. Diese Einheit muss beim Käufer „identitätswahrend fortgeführt” werden.
  3. Auf einen Übergang des Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a I BGB können sich nur die Arbeitnehmer berufen, die dieser Betriebseinheit zugeordnet sind.

Der Ausgangsfall

Geklagt hatte ein Arbeitnehmer (Kläger), der seit 2001 u.a. als kaufmännischer Abteilungsleiter bei einer Wasserwerke-GmbH angestellt war.

Diese GmbH war 1996 durch zwei kommunale Trinkwasser- bzw. Abwasserzweckverbände errichtet worden und übernahm für sie technische und kaufmännische Aufgaben im Zusammenhang mit der Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung. Sie bestand aus je einer technischen Abteilung für „Trinkwasser” und „Abwasser” sowie einer kaufmännischen Abteilung, die die Verwaltung der beiden anderen Bereiche wahrnahm.

Ab dem 01.01.2007 wollten die Zweckverbände die Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung wieder selbst durchführen und lösten die Wasserwerke-GmbH daher auf. Die hierzu erforderlichen Betriebsmittel erwarben sie von der GmbH, von der sie auch die meisten der technischen Angestellten der Bereiche „Trinkwasser” und „Abwasser” übernahmen. Von den Arbeitnehmern des kaufmännischen Bereichs wurden hingegen „nur einige” übernommen.

Der Kläger machte geltend, seine Tätigkeit habe sich zu 80% auf die Abwasserbeseitigung bezogen. Deshalb sei auch sein Arbeitsverhältnis auf den Abwasserzweckverband (Beklagter) übergegangen.

Kein Übergehen von Arbeitsverhältnissen ohne „vollkommenen Teilübergang”

Der Kläger scheiterte jedoch in allen Instanzen. Das BAG führt aus, dass die oben genannten Voraussetzungen für die Annahme eines Betriebsübergangs im Sinne von § 613a I BGB in der Person des Klägers nicht vorlagen.

Allenfalls hätten der beklagte Abwasserzweckverband und der Trinkwasserzweckverband die technischen Abteilungen der GmbH übernommen. Der Kläger sei jedoch weder der Abteilung „Trinkwasser” noch der Abteilung „Abwasser” zugeordnet gewesen.

Und obwohl der Kläger überwiegend mit den kaufmännischen Angelegenheiten der Abwasserabteilung betraut gewesen war, habe es doch keine Abteilung „Kaufmännische Verwaltung Abwasser” bei der Wasserwerke-GmbH gegeben.

Wie man den Fall auch wendet, fehlt es für die Annahme eines Betriebsüberganges somit entweder an der verselbstständigten Einheit oder der Zuordnung des Klägers zu einer der tatsächlich übertragenen Abteilungen. Folglich war das Arbeitsverhältnis des Klägers (leider) nicht auf den Beklagten übergegangen.