Das Bundesarbeitsgericht (BAG v. 22.2.2012, 5 AZR 765/10) hat entschieden, dass jedenfalls dann, wenn eine – wirksame- Regelung im Arbeitsvertrag hierzu fehlt, geleistete Mehrarbeit zusätzlich zu vergüten ist,

[quote]wenn diese den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Eine entsprechende objektive Vergütungerwartung ist regelmäßig gegeben, wenn der Arbeitnehmer kein herausgehobenes Entgelt bezieht.[/quote]

In dem entschiedenen Fall war der vertragliche Ausschluss jeder zusätzlichen Vergütung von Mehrarbeit wegen Intransparenz (§ 307 Absatz 1 Satz 2 BGB) unwirksam. Dem Arbeitnehmer sei aus dem Vertrag nicht zu erkennen gewesen, welche Arbeitsleistung der Kläger für das regelmäßige Bruttoentgelt zu erbringen hatte. Er habe schlicht nicht absehen können, was auf ihn zukam.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgericht Nr. 16/12

Die Umstellung vom Bundesangestelltentarif (BAT) zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) hat schon zu zahlreichen arbeitsgerichtlichen Urteilen geführt. Dabei geht es vor allem um die korrekte Berechnung der Vergütungshöhe nach Inkrafttreten des TVöD.

So auch in einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14.04.2011 (Az.: 6 AZR 726/09).

Vergütungshöhe im BAT abhängig von Vergütungsgruppen und Ortszuschlägen

Nach dem BAT hing die Höhe der Grundvergütung zunächst von der Eingruppierung in eine bestimmte Vergütungsgruppe, daneben aber auch von der jeweils erreichten Lebensaltersstufe ab. Hinzu kamen bestimmte familienstands- und kinderbezogene Entgeltbestandteile in Form des Ortszuschlags der Stufe 2 (für Verheiratete) oder Ortszuschläge der Stufe 3 und höher (für Bezieher von Kindergeld, abhängig von der Kinderanzahl).

Ein Aufstieg in die nächsthöhere Vergütungsgruppe fand in verschiedenen Fällen statt. Beim sog. Bewährungsaufstieg kam es bei bestimmten Tätigkeiten z.B. auf die Ableistung einer gewissen Bewährungszeit an oder beim sog. Fallgruppenaufstieg führten die in der Vergütungsordnung enthaltenen Tätigkeitsmerkmale zu einem Aufstieg innerhalb der Vergütungsgruppen.

TVöD ohne Bewährungs- oder Fallgruppenaufstieg

Unter Geltung des TVöD hat sich bei der Berechnung der Vergütungshöhe so einiges geändert. Anstelle der Ortszuschläge der Stufe 3 und höher wird heute ein „kinderbezogener Entgeltbestandteil” gewährt, allerdings nur, wenn auch bestimmte Besitzstandsregelungen anwendbar sind.

Die Möglichkeit des Fallgruppen- oder Bewährungsaufstieges wurden sogar gleich völlig gestrichen. Auch das Lebensalter führt nicht mehr automatisch zu einer Vergütungserhöhung.

Strukturausgleichzahlungen sollen Änderungen im Tarifrecht abmildern

Für Betroffene, die bei Geltung des BAT auf eine (baldige) Vergütungserhöhung hoffen konnten, nun aber bei Anwendung des TVöD „leer ausgehen”, wurde z.T. ein Strukturausgleich vereinbart.

Ab dem 01.10.2007 – exakt zwei Jahre nach Inkrafttreten des TVöD – erhalten Betroffene daher eine Ausgleichszahlung. Im Bundesbereich gilt das für bestimmte Lebensaltersstufen sowie für Beschäftigte, die zuvor Ortszuschläge der Stufe 1 und 2 bezogen hatten (vgl. TVÜ-Bund).

Das BAG weist aber darauf hin, dass der Anspruch auf Strukturausgleichzahlungen u.U. entfallen kann, sofern dies tarifvertraglich besonders vereinbart wurde. Und um solche Fälle ging es in dem oben genannten Urteil.

Der Ausgangsfall

Das BAG hatte nun über den Fall eines Mannes (Kläger) zu entscheiden, der in einem vom Bund geförderten Zentrum für Luft- und Raumfahrt beschäftigt ist.

Er bezog nach dem BAT den Ortszuschlag der Stufe 4 und wurde 2005 zunächst in die Entgeltgruppe 15 des TVÜ-Bund eingruppiert. Zum 01.07.2007 wurde er jedoch in die Entgeltgruppe 14 herabgruppiert. Aus diesem Grunde und weil der Kläger einen Ortsgruppenzuschlag der Stufe 4 erhalten hatte, sollte er zum 01.10.2007 keinen Anspruch auf Strukturausgleichszahlungen erwerben. Der Kläger forderte dennoch einen Strukturausgleich in Höhe von monatlich 50,- € (brutto) ein.

Nach einem wechselhaften Prozess obsiegte er nun vor dem BAG. Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass ein Strukturausgleich dann zu zahlen ist, wenn dessen Anspruchsvoraussetzungen in dem Zeitpunkt vorliegen, in dem der TVÜ-Bund in Kraft trat. Ist ein Anspruch zu diesem Stichtag entstanden, sei es unschädlich, wenn einzelne Anspruchsvoraussetzungen später entfallen, es sei denn, die Tarifvertragsparteien hätten für solche Fälle ausdrücklich die Versagung des Strukturausgleichs vereinbart.

So ist in dem maßgeblichen Tarifwerk zwar vorgesehen, dass ein Anspruch auf Strukturausgleichszahlungen entfällt, wenn sich die persönliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit verändert oder wenn jemand höhergruppiert wurde. Für den hier vorliegenden Fall der Herabgruppierung fehlt eine solche Vereinbarung jedoch.

Die Herabgruppierung des Klägers von Entgeltgruppe 15 in Gruppe 14 steht seinem Anspruch somit nicht entgegen.

Strukturausgleichszahlungen auch für Verheiratete mit Kindern

Für alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, deren Arbeitsverhältnis in den TVöD übergeleitet wurde und die (unterhaltsberechtigte) Kinder haben, dürften vor allem die Ausführungen des BAG über die Anspruchsvoraussetzungen für den Strukturausgleichsanspruch von höchstem Interesse sein.

So weist das Gericht darauf hin, dass der Kläger zuvor zwar den Ortszuschlag der Stufe 4 bezogen hatte, also bei wörtlicher Anwendung des TVÜ-Bund keinen Anspruch auf einen Strukturausgleich gehabt habe. Er sei aber gleichwohl so zu stellen, als habe er den Ortszuschlag der Stufe 2 erhalten, weil er nur deshalb einen höheren Ortszuschlag bezogen habe, weil er für zwei Kinder unterhaltspflichtig gewesen war.

Nimmt man das einschlägige Tarifvertragsrecht beim Wort, erhielten also nur verheiratete Beschäftigte ohne Kinder einen Strukturausgleich, nicht aber Verheiratete mit (unterhaltsberechtigten) Kindern. Darin sieht das BAG eine „sachlich nicht zu rechtfertigende … Benachteiligung” der verheirateten Angestellten mit Kindern. Mit dieser Differenzierung hätten die Tarifpartner ihre „Regelungsbefugnis überschritten”.

Es kommt deshalb zu dem Ergebnis, dass auch der Kläger als Bezieher des früheren Ortszuschlags der Ortsgruppe 2 anzusehen sei und spricht ihm aus diesem Grunde einen Anspruch auf die begehrte Strukturausgleichszahlung zu.

Werden Tarifverträge geändert, können sich zahlreiche Probleme dazu ergeben, welcher Arbeitnehmer von nun an welchen Lohn erhalten soll. „Prominentestes Beispiel” der letzten Jahre dürfte die Überleitung vom Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) sein.

Das Bundesarbeitsgericht befasste sich in einem Urteil vom 29.06.2011 (Az.: 5 AZR 161/10) erneut mit Fragen einer ordnungsgemäßen Eingruppierung in ein neues Tarifregelwerk. Dabei ging es um einen Chefarzt, der mit seinem Arbeitgeber eine dynamische Vergütungsvereinbarung abgeschlossen hatte. Weiterlesen

Arbeitgeber dürfen ihren Angestellten natürlich auch Sonderleistungen neben dem regulären Arbeitslohn zukommen lassen. Sind solche Zulagen Gegenstand der allgemeinen Geschäftsbedingungen des Arbeitgebers und stehen sie unter einem Widerrufsvorbehalt, so können sie allerdings nicht grundlos widerrufen werden. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 20.04.2011 (Az.: 5 AZR 191/10) entschieden.

Zulagenklausel muss Widerrufsgründe benennen

Das BAG weist daraufhin, dass (widerrufliche) Arbeitgeberleistungen, die in den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmers aufgeführt sind, nur dann für die Zukunft widerrufen werden können, wenn ein Widerrufsgrund vorliegt.

Es genügt aber nicht jeder x-beliebige Grund: In welchen Fällen der Arbeitgeber zum Widerruf berechtigt ist, müsse vielmehr in der jeweiligen Klausel ausdrücklich angegeben werden. Fehlen entsprechende Angaben, sei die Klausel nach §§ 308 Nr. 4, 307 BGB unwirksam. Das gilt uneingeschränkt jedenfalls seit dem 01.01.2002.

Sonderregelung für Altfälle

Wurde eine Klausel jedoch bereits vor dem 01.01.2002 vereinbart (sog. Altfall), dann führt das Fehlen von Widerrufsgründen zwar ebenfalls zu ihrer Unwirksamkeit nach den genannten Vorschriften.

Die dadurch entstehende Vertragslücke könne hier jedoch nur im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden. Und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zwischen dem 01.01. und 31.12.2002 – der Übergangsfrist zur Anpassung älterer AGB-Klauseln an das neue AGB-Recht – eine Änderung der fraglichen Klausel angeboten hatte. Denn das seit 2003 geltende AGB-Recht der §§ 305 ff. BGB dürfe keine unzulässige Rückwirkung für Altfälle entfalten.

Der Ausgangsfall

Ein bei einem Verein (Beklagter) angestellter Tierarzt (Kläger) erhielt nach seinem 1990 abgeschlossenen Arbeitsvertrag eine bestimmte Zulage, die der Beklagte jedoch widerrufen konnte. Zum Widerrufsfall kam es wegen „wirtschaftlicher Gründe” schließlich im September 2007. Der Kläger meint dennoch, der Widerruf sei unzulässig, sodass ihm die streitige Leistung weiterhin zustehe.

Das zuständige Arbeitsgericht wies seine Klage ab, das Landesarbeitsgericht gab ihr statt. Die Revision des Beklagten führte vor dem BAG hingegen zur Rückverweisung an das Berufungsgericht, weil zu klären sei, ob die angegebenen „wirtschaftlichen Gründe” tatsächlich existierten.

Im Übrigen führt das BAG aus, die streitige Klausel sei „nur deshalb unwirksam”, weil sie den strengeren Vorgaben der seit dem 01.01.2003 zu beachtenden §§ 305 ff. BGB nicht gerecht werde. Da aber das neue AGB-Recht keine (unzulässige) Rückwirkung für Altfälle entfalten könne, müsse vorliegend im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine Lösung für den Fall gefunden werden.