Schlagwortarchiv für: Grad der Behinderung

Rechtsanwalt J. Sauerborn

Vor dem Gesetz gilt ein Mensch als behindert, wenn sein körperlicher, geistiger und/oder seelischer Zustand von dem für sein Lebensalter typischen abweicht, wodurch langfristig seine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigt wird (vgl. § 2 I 1 des Neunten Buchs des Sozialgesetzbuchs, SGB IX).

Die Schwere seiner Behinderung wird dabei durch den sog. individuellen Grad der Behinderung (GdB) bestimmt.

Die Bestimmung des GdB erfolgt in drei Schritten

Der persönliche GdB wird in Zehnergraden von 10 – 100 ausgedrückt. Je höher er ist, desto mehr Leistungen erhält der Betroffene (z.B. Steuervergünstigungen, kostenlose Beförderung im ÖPNV u. v. m.).

Zur Feststellung des GdB müssen nach dem Bundessozialgericht zunächst die langfristigen und das Alltagsleben beeinträchtigenden Gesundheitsstörungen ermittelt werden. Jeder „Auffälligkeit” ist sodann ein eigner GdB zuzuordnen. Diese sog. Einzel-GdB werden schließlich in einem dritten Schritt zu einem Gesamt-GdB zusammengefasst, der die Wechselwirkung der einzelnen Gesundheitsbeeinträchtigungen berücksichtigt. Weiterlesen

[box type=”info”]Der individuelle Grad der Behinderung (GdB) eines Menschen wird nach den Maßstäben von § 30 I BVG (Bundesversorgungsgesetz) in Verbindung mit § 69 SGB IX in Zehnergraden angegeben. Liegen mehrere Gesundheitsstörungen vor, so muss die zuständige Behörde aus den jeweiligen Einzel-GdB den Gesamt-GdB des Betroffenen ermitteln [/box]

Schon manch einer wird sich aber über die „komische Rechenweise“ der Behörden gewundert haben…

Leidet jemand z.B. an einem „Halswirbelsäulensyndrom nach Spondylodese“ (Spondylodese = operative Versteifung der Wirbelsäule) und Funktionsstörungen ohne motorische und sensible Ausfälle an der unteren Extremität infolge eines Lendenwirbelsäulensyndroms“, einem „außergewöhnlichen Schmerzsyndrom“ und einer „depressiven und phobischen Störung“, so kann es sein, dass die zuständige Behörde drei Einzel-GdB von je 20 ermittelt und zu einem Gesamt-GdB von 30 kommt. Weiterlesen

Die Feststellung des individuellen Behinderungsgrades (GdB) oder die Anerkennung von leistungsanspruchsbegründenden Nachteilsausgleichen in Form von Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis (z.B. „Bl“, „aG“, „G“ etc.) erfolgte bis einschließlich zum 31.12.2008 nach den sog. AHP (ausgeschrieben: Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht) in der jeweils geltenden Fassung.

Bei den AHP handelte es sich nicht um einen Rechtssatz im weitesten Sinne, sondern um eine Art „vorweggenommener Sachverständigengutachten“, die es den Medizinern erleichtern sollten, den individuellen GdB eines Patienten zu beurteilen. Um eine einheitliche Bewertung sicher zu stellen, waren die Gerichte im Falle eines Rechtsstreits (z.B. um das Vorliegen einer Schwerbehinderung oder der „richtigen“ Bemessung des GdB) nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gehalten, die AHP ebenfalls anzuwenden. Dadurch erlangten die AHP normähnliche bzw. gewohnheitsrechtliche Wirkung. Weiterlesen