Kündigungsschutz: Außerordentliche Kündigung eines Schwerbehinderten trotz Verzögerung um einen Tag noch „unverzüglich“
Zugunsten schwerbehinderter Arbeitnehmer enthält das Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) eine ganze Reihe arbeitnehmerschützender Regelungen. Hierzu zählt z.B., dass ihnen nach §§ 85, 91 SGB IX stets nur mit vorheriger Zustimmung des Integrationsamtes gekündigt werden darf.
Außerordentliche Kündigung muss „unverzüglich” erfolgen
Liegt die Zustimmung des Integrationsamtes erst einmal vor, muss die Kündigung nach § 91 V SGB IX jedoch „unverzüglich” erklärt werden.
Als „unverzüglich” sehen Juristen allgemein jede Reaktion etc. an, die „ohne schuldhaftes Zögern” erfolgt (so § 121 I 1 BGB). Die Kündigung muss also so schnell wie möglich ausgesprochen werden. Nach einem Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 30.06.2011 (Az.: 2 Ca 563/11) ist die Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers aber auch dann noch unverzüglich im Sinne des § 91 SGB IX, wenn sie einen Tag nach Erhalt der Zustimmung des Integrationsamtes erklärt wird. Eine Verzögerung von einem Tag sei als „unschädlich” anzusehen.
Der Ausgangsfall
Das genannte Urteil betrifft die Kündigung eines Schwerbehinderten (Kläger), der bei der Stadt Oberhausen (Beklagte) angestellt war. Zu seinen Aufgaben gehörte z.B. die Tätigkeit als Geschäftsführer des Vereins „Werbegemeinschaft Oberhausener Kirmessen e. V.”. Sein Monatsbruttolohn betrug etwa 4.300,- €.
Unstreitig hat der Kläger Vereinsgelder in Höhe von 17.500,- € – die Beklagte geht sogar von 28.700,- € aus – veruntreut. Wegen dieser strafbaren Handlung wurde ihm seitens der Stadt fristlos gekündigt.
Seine Kündigungsschutzklage wies das Arbeitsgericht Oberhausen nun jedoch ab: Die Beklagte hätte dem Kläger erstmalig am 08.03.2011 kündigen können. Tatsächlich wurde die Kündigung am 09.03.2011 erklärt und dem Kläger noch am selben Tage zugestellt. Hierin sieht das Gericht kein schuldhaftes Verzögern durch die Beklagte, sodass die fristlose Kündigung nicht gegen § 91 SGB IX verstieß.
Gegen diese Entscheidung konnte der Kläger allerdings Berufung zum Landesgericht Düsseldorf einlegen.
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