Verspätete Abgabe des Arbeitslosengeld-Antrags führt nicht zur Anspruchsverwirkung

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Die Beantragung von Leistungen nach dem SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) setzt zunächst u.a. das Ausfüllen eines Antrags voraus. Auf diesem wird auch der jeweilige „Tag der Antragstellung“ vermerkt.

Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 28.10.2009 (Az.: B 14 AS 56/08 R) ist es jedoch grundsätzlich unschädlich, wenn dieser Antrag erst viele Monate später ausgefüllt wieder abgegeben wird. Die Untätigkeit des Betroffenen nach der erstmaligen Beantragung des Arbeitslosengeldes II führe zumindest nicht zu einer Verwirkung seiner Ansprüche für den Zeitraum zwischen Antragstellung und Rückgabe des ausgefüllten Formulars.

Dies begründet das BSG damit, dass es der Grundsicherungsträger ist, der gemäß § 16 III SGB I verpflichtet sei, darauf hinzuwirken, dass der Bürger „unverzüglich klare und sachdienliche Anträge“ stellt und bislang „unvollständige Angaben ergänzt“. Den Antragsteller treffe also keine Pflicht zur zeitnahen Ausfüllung von Anträgen, deren Verletzung einen Anspruchsverlust im Wege einer Verwirkung begründen könnte.

Allerdings bestehen im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren durchaus Mitwirkungspflichten des Antragstellers. So könne nach § 60 SGB I gefordert werden, dass er Beweismittel bezeichnet und auf Nachfrage Beweisurkunden einreicht bzw. ihrer Vorlage zustimmt. Komme der Bürger diesen Mitwirkungspflichten nicht nach, so sei es nach § 66 SGB I in der Tat zulässig, Leistungen zu versagen. Daraus schließt das BSG, dass der Grundsicherungsträger diese Sanktionsmöglichkeiten nutzen müsse, anstatt sich auf eine Verwirkung der Ansprüche des Antragstellers zu berufen.

Die Entscheidung beruht auf dem folgenden Vorfall. Am 09.06.2005 beantragte der Kläger Leistungen der Grundsicherung für Arbeitslose nach dem SGB II. Dabei erhielt er ein Antragsformular mit dem eingestempelten Datum vom „9.6.05“. Dieses brachte er allerdings erst fast sieben Monate später ausgefüllt wieder zurück, nämlich am 03.01.2006. Der Kläger gab an, er habe in der Zwischenzeit von seinem Erspartem, Darlehen seiner Eltern und Arbeitslosengeld nach dem SGB III gelebt. Der Grundsicherungsträger (Beklagter) gewährte dem Kläger antragsgemäß das Arbeitslosengeld II, allerdings erst ab dem 03.01.2006 und nicht bereits seit dem 09.06.2005. Im Klagewege verlangte der Kläger daraufhin die Zahlung des Arbeitslosengeldes II rückwirkend zum 09.06.2005. Nachdem das Sozialgericht seiner Klage stattgab, hob das zuständige Landessozialgericht dessen Entscheidung auf und wies die Klage ab, da der Kläger gemäß § 242 BGB seine Ansprüche verwirkt habe, da er zwischen Juni 2005 und Januar 2006 untätig geblieben sei.

Das BSG hob die Entscheidung des Landessozialgerichts zugunsten des Klägers jedoch auf, da es – wie erwähnt – eine Verwirkung von Ansprüchen im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren ablehnt.

Dennoch sollten im eigenen Interesse alle Antragsformulare stets zeitnah und vollständig ausgefüllt zurückgegeben werden!