Einen Abfindungsanspruch kann ein Arbeitnehmer auf unterschiedlichste Art und Weise erwerben, z.B. durch vertragliche Vereinbarung oder Gesetz (s. § 1a KSchG). Wurde ihm wegen einer (geplanten) Betriebsänderung rechtswirksam gekündigt, kann ein Abfindungsanspruch aber auch aus einem Sozialplan folgen.

Sozialpläne begründen Leistungsansprüche der Arbeitnehmer

Durch einen Sozialplan (§§ 111 ff. Betriebsverfassungsgesetz, kurz: BetrVG) sollen die wirtschaftlichen Nachteile einer Betriebsänderung zugunsten der von ihr betroffenen Arbeitnehmer zumindest gemildert oder gar völlig kompensiert werden (vgl. § 112 BetrVG). Zu diesem Zweck können dort z.B. Abfindungsansprüche ausgewiesen werden.

Dem Sozialplan, der gemeinsam mit dem Betriebsrat aufgestellt wird, kommt dieselbe Wirkung wie einer Betriebsvereinbarung zu (§ 112 I 3 BetrVG). Grundsätzlich haben die Arbeitnehmer nach den §§ 112 I 3, 77 IV BetrVG daher einen Anspruch auf die im Sozialplan vereinbarten Leistungen.

Erwerbsminderungsrente kann Abfindungsanspruch entfallen lassen

Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 07.06.2011 (Az.: 1 AZR 34/10) kann ein Sozialplan aber vorsehen, dass ein Abfindungsanspruch solchen Arbeitnehmern vorbehalten wird, die arbeitsfähig sind und keine dauerhafte Erwerbsminderungsrente beziehen. Umgekehrt dürfen also Angestellte ausgeschlossen werden, die eine volle (ggf. befristete) Erwerbsminderungsrente beziehen, aktuell nicht beschäftigt werden und bei denen ein Wiedereintritt ihrer Arbeitsfähigkeit auch langfristig nicht prognostizierbar ist.

Was auf den ersten Blick wie eine unerhörte Benachteiligung erwerbsgeminderter Personen aussieht, rechtfertigt das BAG wie folgend: Die Sozialplanabfindung diene allein dem Zweck, wirtschaftliche Nachteile von Arbeitnehmern auszugleichen, die im Zuge einer Betriebsänderung ihren Arbeitsplatz und somit auch ihre Einnahmequelle verlieren. Wer aber bereits längere Zeit eine volle Erwerbsminderungsrente beziehe und auch künftig nicht wieder arbeitsfähig werde, erleide durch den Verlust seines Arbeitsplatzes keinen derartigen Nachteil, da ihm ja immer noch die Rentenleistungen verbleiben. Folglich komme es durch eine derartige Sozialplanvereinbarung nicht zu einer unmittelbaren Schlechterstellung erwerbsgeminderter Personen, denn sie würden nicht schlechter behandelt als andere in vergleichbarer Lage.

Wird ein Sozialplan aufgestellt, dürfen Arbeitgeber daher davon ausgehen, dass arbeitsunfähige Arbeitnehmer unter den genannten Voraussetzungen auch künftig keinen Lohn am Arbeitsmarkt erzielen werden, und dass ihnen deshalb kein Ausgleich für einen Lohnverlust in Form einer Sozialplanabfindung zu zahlen ist.

Der Ausgangsfall

Das Urteil betrifft den Sozialplan einer Arbeitgeberin (Beklagte), nach dem Arbeitnehmer dann keine Sozialplanabfindung erhalten, wenn sie gegenwärtig nicht arbeiten können, eine volle Erwerbsminderungsrente beziehen und falls auch künftig nicht zu erwarten ist, dass sie wieder arbeitsfähig sein werden. Erfasst werden sollten Angestellte, die seit mehr als drei Jahren arbeitsunfähig sind und entsprechende Rentenleistungen erhalten oder denen eine volle Erwerbsminderungsrente für mehr als drei Jahre bewilligt wurde.

Diese Regelung betraf u.a. einen Arbeitnehmer (Kläger), der Ende 2001 einen Wegeunfall erlitten hatte und seitdem dauerhaft arbeitsunfähig ist. Er bezieht seit dem 01.04.2003 eine Erwerbsminderungsrente, die zunächst bis zum 30.06.2007 und dann bis zum 30.06.2009 befristet war. Inzwischen wird die Rente unbefristet geleistet.

Aus betriebsbedingten Gründen wurde dem Kläger zum 31.12.2008 gekündigt. Auf Grundlage des geschlossenen Sozialplanes machte er nun einen Abfindungsanspruch über 220.000,- € geltend. Allerdings ohne Erfolg, wie man sich nach den Ausführungen des BAG bereits denken kann.

Das BAG wiederholt, dass dem Kläger durch die betriebsbedingte Kündigung keine weiteren wirtschaftlichen Nachteile entstünden, sodass den Arbeitgeber auch keine Ausgleichspflicht treffe. Mangels unmittelbarer Benachteiligung behinderter Personen sei der im Sozialplan vereinbarte Leistungsausschluss zulässig und stehe dem geltend gemachten Abfindungsanspruch des Klägers somit entgegen.

Arbeitsbedingungen werden üblicherweise nicht nur (individuell) im Arbeitsvertrag vereinbart, sondern ergeben sich vielfach (auch) aus Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen. Dabei ist aber das gesetzlich vorgegebene Rangverhältnis dieser Regelwerke zu beachten.

Tarifvertrag „verdrängt” individuelle Abmachungen und Betriebsvereinbarungen

Im Verhältnis von Tarifvertrag und Arbeitsvertrag gilt, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber durch individuelle Vereinbarung nur zugunsten des Arbeitnehmers von einem für sie verbindlichen Tarifvertrag abweichen dürfen. Das Tarifwerk verhindert also einerseits jede arbeitsvertragliche Benachteiligung eines einzelnen Arbeitnehmers, sofern der Vertrag sie nicht im Rahmen einer sog. Öffnungsklausel ausdrücklich zulässt. Andererseits kann er einer individuell vereinbarten Begünstigung des Arbeitnehmers grundsätzlich nicht entgegenstehen. Dieses Rangverhältnis von Tarif- und Einzelarbeitsvertrag nennt man Günstigkeitsprinzip, § 4 III Tarifvertragsgesetz (TVG).

Dieses Günstigkeitsprinzip gilt auch im Verhältnis von Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung, sodass letztere grundsätzlich ebenfalls nur zugunsten der Arbeitnehmer vom Tarifwerk abweichen dürfen. Daneben gibt es aber auch bestimmte Arbeitsbedingungen, die einer tarifvertraglichen Regelung vorenthalten sind (s. §§ 77 III, 87 I Betriebsverfassungsgesetz, kurz: BetrVG).

Tarifvertragliche Arbeitszeitvereinbarung genießt „Verfassungsvorrang”

Zu diesen einem Tarifvertrag vorbehaltenen Regelungspunkten gehört u.a. die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit.

Im Allgemeinen kann nach § 87 I Nr. 2 BetrVG zwar eine Betriebsvereinbarung über Arbeitszeiten getroffen werden. Besteht aber bereits eine tarifvertragliche Regelung, so ist nach §§ 77 III 1, 87 I BetrVG ausschließlich diese zu beachten.

Den Grund für die unangefochtene Vorrangstellung des Tarifvertrags sieht das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 17.05.2011 (Az.: 1 AZR 473/09) in der verfassungsrechtlich garantierten Koalitionsfreiheit der am Tarifschluss beteiligten Gewerkschaft. Wird dennoch eine zusätzliche Betriebsvereinbarung geschlossen, steht der betroffenen Arbeitnehmervereinigung daher ein Beseitigungs- bzw. Unterlassungsanspruch gegen den Arbeitgeber zu.

Der Ausgangsfall

Der Rechtsstreit betrifft die Konkurrenz von Tarifverträgen der IG Metall mit einer Betriebsvereinbarung über die Wochenarbeitszeit. Eine Arbeitgeberin war Mitglied eines Arbeitgeberverbandes der Metall- und Elektroindustrie und wandte die zwischen dem Verband und der IG Metall geschlossenen Tarifverträge an. Nach dem gültigen Regelwerk betrug die regelmäßige Wochenarbeitszeit 35 Stunden. Dennoch vereinbarte die Arbeitgeberin in einer 2006 in Kraft tretenden Betriebsvereinbarung eine wöchentliche Arbeitszeit von insgesamt 40 Stunden. Zudem sah die Vereinbarung einen Ausgleichsbonus für die Arbeitnehmer vor, der aber leistungs- und erfolgsabhängig war. Im August 2008 wurde die Betriebsvereinbarung wieder aufgehoben.

Die IG Metall (Klägerin) verlangte von der Beklagten, die Rechtsnachfolgerin der genannten Arbeitgeberin ist, den betroffenen Arbeitnehmern individuell eine Abgeltung der wöchentlich zusätzlichen fünf Arbeitsstunden zu leisten. Dadurch sollte die Beeinträchtigung ihrer Koalitionsfreiheit durch die konkurrierende Betriebsvereinbarung kompensiert werden.

Gewerkschaften können Beseitigung verlangen, aber keinen finanziellen Ausgleich für die Arbeitnehmer

Das BAG entschied jedoch, dass einer Gewerkschaft, deren verfassungsrechtliche Tarifautonomie durch den Abschluss einer tarifwidrigen Betriebsvereinbarung beeinträchtigt ist, keinen eigenen Anspruch auf den Ausgleich von Entgeltnachteilen zugunsten der betroffenen Arbeitnehmer hat. Sie sei vielmehr darauf beschränkt, den Arbeitgeber aufzufordern, die Betriebsvereinbarung nicht weiter umzusetzen, also ihre Anwendung zu unterlassen.

Die kollektive Koalitionsfreiheit der Gewerkschaft aus Art.9 III GG sei nämlich nicht durch die Vorenthaltung tariflicher Leistung zulasten der Arbeitnehmer beeinträchtigt, sondern ausschließlich durch den Abschluss der nachteiligen und tarifwidrigen Betriebsvereinbarung als solcher. Sobald diese aufgehoben werde, sei aber auch der Eingriff in die Tarifautonomie der Arbeitnehmervereinigung beendet. Und vor ihrer Aufhebung könne die Gewerkschaft Lohnverluste der Arbeitnehmer ebenso wenig als (eigenen) Schaden geltend machen.

Genießt ein Arbeitnehmer Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG), so kann ihm grundsätzlich nur dann wirksam gekündigt werden, wenn ein besonderer Kündigungsgrund vorliegt und die Kündigung sozial gerechtfertigt ist (§ 1 II KSchG).

Im Fall der betriebsbedingten Kündigung, bei der ein „dringendes betriebliches Erfordernis” zu der Kündigung geführt hat, muss der Arbeitgeber noch dazu die Vorgaben aus § 1 III KSchG einhalten und die zu kündigenden Arbeitnehmer nach den dort genannten Kriterien auswählen.

Die vier Kriterien der Sozialauswahl

Zu diesen bei der Sozialauswahl zu berücksichtigenden Kriterien zählen nach § 1 III 1 KSchG

 die Dauer der Betriebszugehörigkeit,

 das Lebensalter,

 ggf. bestehende Unterhaltspflichten und

 eine etwaige Schwerbehinderung der einzelnen Arbeitnehmer.

Diese vier Aspekte muss der Arbeitgeber „ausreichend” berücksichtigen, ohne dass damit bereits etwas darüber gesagt worden wäre, ob eines oder mehrere dieser Merkmale vorrangig ist bzw. sind. Und so geht auch das Landesarbeitsgericht Köln in einem Urteil vom 18.02.2011 (Az.: 4 Sa 1122/10) im Ausgangspunkt davon aus, dass alle vier Kriterien des § 1 III 1 KSchG „prinzipiell gleichrangig sind” und dass keinem von ihnen ein „absoluter Vorrang” zustehe. Bei diesen Überlegungen bleibt das Gericht jedoch keineswegs stehen!

Grundsatz: Alle Auswahlkriterien sind gleichrangig

Zwar stellt das Gericht unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zunächst noch fest, es sei Sache des Arbeitgebers, ob er im Rahmen seines Wertungsspielraumes z.B. einmal vorrangig auf die Betriebszugehörigkeit und ein anderes Mal vor allem auf das Lebensalter der Betroffenen abstellt. Entscheidend sei nur, dass er die vier genannten Auswahlkriterien überhaupt „ausreichend” berücksichtigt hat, so wie es der Gesetzeswortlaut von § 1 III 1 KSchG will.

Dennoch sei nicht „praktisch jede Auswahlentscheidung akzeptabel”. Denn das Gebot der sozialen Auswahl konkretisiere das in der Verfassung verbürgte Sozialstaatsgebot und sei damit eine zwingend zu beachtende Schutzvorschrift. Deshalb muss die Wertungsentscheidung des Arbeitgebers auch tatsächlich sozialverträglich sein.

Lebensalter kann im Einzelfall wichtiger sein als Unterhaltsverpflichtungen

Sodann kommt das LAG Köln aber zu dem Ergebnis, es könne inakzeptabel sein, wenn der Arbeitgeber den Unterhaltspflichten des einen Arbeitnehmers den Vorrang gegenüber dem Lebensalter des anderen Arbeitnehmers einräume und daher einem kinderlosen älteren Arbeitnehmer kündigt.

Diese Überlegung begründet es zunächst mit der Rechtsprechung des BAG, nach der die Berücksichtigung des Lebensalters bei der sozialen Rechtfertigung gemäß § 1 III 1 KSchG nur deshalb keine unzulässige Altersdiskriminierung darstelle, weil dieses Vorgehen zwingend erforderlich sei, um die individuellen Chancen der Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt zu ermitteln. Denn schließlich gehe es darum, denjenigen Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen zu entlassen, der die besten Möglichkeiten hat, eine andere Stelle zu finden. Und es ist wohl leider unbestritten, dass diese Chancen mit zunehmendem Alter rapide abnehmen.

Daher spiele das Lebensalter der Arbeitnehmer eine nicht unerhebliche Rolle. Das zeige zudem § 14 III TzBfG, der eine Befristung eines Arbeitsverhältnisses ohne Angabe besonderer Gründe erlaubt, sofern der einzustellende Bewerber bereits das 52. Lebensjahr vollendet hat. Auch hierdurch soll der Betroffene nicht schlechter gestellt werden, sondern der Gesetzgeber möchte erreichen, dass er überhaupt eine Chance bekommt.

Aus diesen Gründen hielt es die im Ausgangsfall ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung gemäß § 1 III KSchG für rechtsunwirksam, weil der Arbeitgeber das Lebensalter des gekündigten Arbeitnehmers nicht hinreichend berücksichtigt habe.

Der Ausgangsfall

Ein Arbeitgeber (Beklagter) hatte zwei Produktionsbereiche, nämlich „Werkstatt” und „Montage”, zusammengelegt. Für diese unternehmerische Entscheidung wurde ein durch die Wirtschaftskrise bedingter Auftragsrückgang angeführt, der zwischen den Prozessparteien jedoch streitig ist.

Jedenfalls wollte der Beklagte nur einen der beiden Abteilungsleiter behalten. Zur Wahl standen einerseits der Kläger und andererseits ein Herr K.

Der Kläger ist gelernter Metallbauhandwerksmeister und war Leiter der Organisationseinheit „Werkstatt”. Er ist verheiratet, aber nicht unterhaltsverpflichtet. Im Kündigungszeitpunkt im November 2009 war er 53 Jahre alt. Herr K, der bisherige Leiter der Organisationseinheit „Montage”, war damals hingegen 35 Jahre alt, ist ebenfalls verheiratet und hat zwei unterhaltsberechtigte Kinder. Er hatte im Ausland einen Beruf erlernt, der mit dem deutschen Elektromechaniker vergleichbar ist. Sein Abschluss wurde „‚von einer deutschen Industrie- und Handelskammer offiziell anerkannt und zertifiziert'”. Keiner der beiden ist schwerbehindert und auch ihre Betriebszugehörigkeit weicht nur um sechs Monate zugunsten von Herrn K ab.

Wegen dessen Unterhaltsverpflichtung hatte sich der Beklagte letztlich gegen den Kläger entschieden und ihm Ende 2009 zum 31.05.2010 gekündigt. Dieser erhob Kündigungsschutzklage und obsiegte damit vor dem LAG Köln.

Zugunsten des Klägers führt das LAG Köln an:

„Das Lebensalter des Klägers liegt mit 53 Jahren im Zeitpunkt der Kündigung im schlechtestmöglichen Bereich, was die Chancen am Arbeitsmarkt und die Perspektiven anbelangt, das Arbeitsleben bis zum Rentenalter fortzusetzen. (…) Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger angesichts einer für ihn geltenden regelmäßigen Altersgrenze von rund 66 Jahren mit 53 Jahren noch ca. 13 Jahre bis zum Erreichen der Altersgrenze zurückzulegen hat. Ein Arbeitnehmer im Alter des Klägers ist damit bei typisierender Betrachtung von einer Kündigung schwerstmöglich betroffen.”

Dagegen äußerst es sich sehr optimistisch zu den Chancen des Herrn K, einen anderen Arbeitsplatz zu finden:

„Das Alter (des) Herrn K ist mit 35 Jahren jedenfalls unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen geradezu optimal, was die Chancen auf dem Arbeitsmarkt anbelangen. (…) Ein 35jähriger hat typischerweise seine Berufsausbildung abgeschlossen und bereits einige Jahre Berufspraxis hinter sich, was ihn einen besonders gefragten Teilnehmer am Arbeitsmarkt werden lässt. Ein 35jähriger zeigt typischerweise auch noch keine altersbedingten Abnutzungserscheinungen; mit häufigen und längeren Erkrankungen ist bei ihm nicht zu rechnen. Herr K hat damit wegen seines Alters besonders gute, wenn nicht überhaupt die besten Chancen auf dem Arbeitsmarkt.” Dies gelte umso mehr, als er schon in jungen Jahren eine Führungsposition erlangt hat und ein neuer Arbeitgeber von seiner Erfahrenheit profitiere und diese zu honorieren wisse.

Das Gericht schließt seinen Vergleich daher mit der Feststellung:

„Vor diesem Hintergrund müssen die Unterhaltspflichten Herrn K zurücktreten.” Es sei nämlich davon auszugehen, dass er sofort eine neue Anstellung gefunden hätte, sodass er nicht in die Verlegenheit gelangt wäre, seine Unterhaltsverpflichtungen nicht mehr erfüllen zu können.

Folglich war die Kündigung des Klägers rechtsunwirksam. Gegen das Urteil kann allerdings Revision eingelegt werden, weil grundsätzlicher Klärungsbedarf darüber bestehe, in welchem Verhältnis die vier Auswahlkriterien des § 1 III 1 KSchG tatsächlich zueinander stehen.

Die Ersetzung des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) führte zu so manchen Änderungen bei der Vergütung der betroffenen Arbeitnehmer – und auch zu zahlreichen Gerichtsverfahren…

Ein weiteres Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18.05.2011 (Az.: 10 AZR 206/10) betrifft nun die frühere Funktionszulage im Schreibdienst

Anspruch auf Schreibdienstfunktionszulage nach altem Recht

Bis zum 31.12.1983 gestand der BAT bestimmten Angestellten des öffentlichen Dienstes eine sog. Funktionszulage im Schreibdienst zu. Für ihre Tätigkeit im Schreibdienst erhielten sie demnach eine zusätzliche Vergütung in Höhe von 8% ihrer Grundvergütung.

Nach Aufhebung der entsprechenden tarifvertraglichen Regelung wurde die Funktionszulage trotzdem weiterhin ausgezahlt, falls ein entsprechender Anspruch schon vor dem 31.12.1983 entstanden war. Teilweise wurde die Zulage selbst Jahre später noch in arbeitsvertraglichen Nebenabreden vereinbart. Diese Praxis wurde erst 1997 aufgegeben.

TVöD hebt Anspruch auf eine (auflösend bedingte) Funktionszulage im Schreibdienst auf

Der TVöD, der seit dem 01.10.2005 in Geltung ist, kennt keine entsprechende Funktionszulage mehr. Insofern unterscheidet er sich eigentlich nicht von dem BAT in seiner zuletzt geltenden Fassung.

Dennoch ergibt sich eine Änderung für die Beschäftigten, die nun auf die Fortzahlung „ihrer” Funktionszulage verzichten müssen. Dies gilt jedenfalls für diejenigen, deren Zulage arbeitsvertraglich vereinbart und unter den Vorbehalt einer tarifvertraglichen Neuregelung gestellt worden war (auflösende Bedingung). So geschehen im Ausgangsfall der Entscheidung.

Der Ausgangsfall

Die Entscheidung betrifft den Fall einer in Teilzeit beschäftigten Frau (Klägerin), die seit dem 31.10.1983 für den Schreibdienst der Wehrbereichsverwaltung Nord tätig ist. 1995 vereinbarte sie mit ihrer Arbeitgeberin die Auszahlung einer Funktionszulage. Diese sollte sie „bis zu einer tarifvertraglichen Neuregelung” erhalten.

Als der TVöD in Kraft trat, wurde für alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes ein Vergleichsentgelt gebildet, das zur Grundlage der Vergütung nach dem neuen Tarifregelwerk gemacht wurde. Die Funktionszulage im Schreibdienst wurde bei der Berechnung des Vergleichsentgeltes der Klägerin zwar außen vorgelassen, ihre Arbeitgeberin zahlte diese aber zunächst dennoch weiter. In der Folgezeit verrechnete sie die Zulage aber mit tariflichen Gehaltssteigerungen der Klägerin, sodass die Zusatzzahlungen immer geringer wurden.

Die Klägerin forderte vor den Arbeitsgerichten daher die ungekürzte Auszahlung der Funktionszulage. Allerdings ohne Erfolg…

Das BAG entschied, dass der Anspruch der Klägerin von Anfang an unter der auflösenden Bedingung einer abweichenden tarifvertraglichen Regelung gestanden habe. Mit Inkrafttreten des TVöD sei es sodann zum Bedingungseintritt gekommen, sodass die Klägerin seither keinen Anspruch mehr auf die Zulage habe. Insbesondere sei die vertragliche Nebenabrede, die den Zahlungsanspruch unter den Vorbehalt einer tarifvertraglichen Neuregelung gestellt hatte, rechtswirksam, da sie die Klägerin nicht unangemessen benachteilige (vgl. § 307 BGB). Aus diesem Grunde sei auch die Verrechnung der Funktionszulage mit Gehaltssteigerungen der Klägerin zulässig gewesen.

Offen ließ das Gericht jedoch die Frage, ob die Funktionszulage bei der Ermittlung des Vergleichsentgelts hätte berücksichtigt werden müssen. Es bleibt somit noch Raum für weitere Rechtsstreitigkeiten zum Inkrafttreten des TVöD…

Unterliegt ein Arbeitnehmer dem gesetzlichen Kündigungsschutz, so ist eine Kündigung seines Arbeitgebers nur dann sozial gerechtfertigt, wenn ein bestimmter Grund vorliegt. Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) unterscheidet hier zwischen der personenbedingten, der verhaltensbedingten und schließlich der betrieblich bedingten Kündigung.

Personenbedingte Kündigung erfordert besonderen Grund

Die personenbedingte Kündigung knüpft an eine Eigenschaft des Arbeitnehmers an, die in seiner Persönlichkeit begründet ist, und die für den Arbeitgeber auf lange Sicht inakzeptabel ist. Typische Beispiele sind der Verlust einer Fahrerlaubnis (z.B. bei Taxi- oder Lastkraftwagenfahrern) oder die Abnahme der geistigen Fähigkeiten, die den Arbeitgeber an der weiteren Ausführung seiner beruflichen Tätigkeit hindert. Häufig ist auch eine lang anhaltende oder immer wieder auftretende Krankheit und die damit einhergehende Arbeitsunfähigkeit Anlass einer personenbedingten Kündigung.

Aber selbst die Tätigkeit in bestimmten Parteien kann eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen. So entschied jedenfalls das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 12.05.2011 (Az.: 2 AZR 479/09) für einen Fall, der im öffentlichen Dienst angesiedelt ist. Weiterlesen

Den Arbeitgeber treffen gewisse Fürsorgepflichten hinsichtlich seiner Arbeitnehmer (vgl. z.B. §§ 617 ff. BGB). Insbesondere muss er dafür sorgen, dass seine Angestellten durch ihre Berufstätigkeit keine Gesundheitsschäden erleiden.

Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung verdrängt Arbeitgeberhaftung

Wenn der Arbeitnehmer bei seiner Tätigkeit verletzt wird oder sonstige Gesundheitsschäden erleidet, hat er grundsätzlich Ansprüche gegen die gesetzliche Unfallversicherung, sofern er Opfer eines Arbeitsunfalls geworden ist.

Falls ein Leistungsanspruch gegen die Unfallversicherung besteht, ist der Arbeitgeber wiederum von einer Schadenshaftung gegenüber seinen Angestellten befreit (§ 104 SGB VII). Immerhin bezahlt er ja auch die Versicherungsprämien zugunsten der Arbeitnehmer. Von diesem Grundsatz gibt es jedoch Ausnahmen: Wenn der Arbeitgeber einen Wegeunfall des Arbeitnehmers verursacht oder diesen vorsätzlich verletzt, entfällt der gesetzliche Versicherungsschutz mit der Folge, dass nun der Arbeitgeber dem Verletzten nach den allgemeinen Regeln des Zivilrechts haftet.

Ein direkter Anspruch gegen den Arbeitgeber setzt infolgedessen stets ein vorsätzliches, schuldhaftes Verhalten voraus. Hierauf weist das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 28.04.2011 nochmals ausdrücklich hin (Az.: 8 AZR 769/09).

Der Ausgangsfall

Geklagt hatte ein bei der beklagten Stadt angestellter Mann, der im streitigen Zeitraum als Betreuer für Asylbewerber tätig war. Im Rahmen seiner Tätigkeit musste er auf Weisung seines Abteilungsleiters ab dem 01.02.1995 Sanierungsarbeiten in einem Asylbewerberheim durchführen. Die Arbeiten wurden jedoch zum 05.05.1995 durch das zuständige Gewerbeaufsichtsamt untersagt, nachdem es einen Hinweis darauf erhalten hatte, dass bei dieser Tätigkeit asbesthaltiger Staub freigesetzt werde.

Der Kläger verlangte von der Stadt daher Schadensersatz für mögliche Folgeschäden aus dieser Tätigkeit. Sein Begehren begründete er mit einem grob fahrlässigen Unterlassen der Stadt, für seine Gesundheit Sorge zu tragen. Sie hätte ihn für die Dauer der Sanierungsarbeiten vor dem krebserregenden Asbeststaub schützen und entsprechende Arbeitsschutzmittel überlassen müssen. In ihrem Unterlassen liege daher ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit.

Arbeitgeberhaftung wegen Asbestkontakt?

Zunächst scheiterte der Kläger vor den Arbeitsgerichten. Das Bundesarbeitsgericht hat nun aber entschieden, dass eine Schadensersatzhaftung des Arbeitgebers möglich ist, wenn er für einen ungeschützten Kontakt seines Arbeitnehmers mit Asbest bzw. asbesthaltigem Material verantwortlich ist.

Das setzt aber auf Seiten der Stadt bedingten Vorsatz voraus. Erforderlich sei, dass der Vorgesetzte, der die Anweisung zu den Arbeiten an bzw. mit den kontaminierten Materialien gab, von der (besonderen) Asbestbelastung wusste, der der Arbeitnehmer ausgesetzt werden würde. Eine mögliche Gesundheitsschädigung des Betroffenen müsse er dabei wenigstens billigend in Kauf genommen haben. Von einer derartigen „bewussten Inkaufnahme” von Gesundheitsschäden könne nach dem BAG z.B. ausgegangen werden, wenn einem Arbeitnehmer die Weisung erteilt wird, ohne Schutzmaßnahmen an asbesthaltigem Material zu arbeiten.

Um prüfen zu lassen, ob auf Seiten der beklagten Stadt von bedingtem Vorsatz ausgegangen werden kann, hat das BAG den Ausgangsfall deshalb an das zuständige Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Festzuhalten bleibt aber immerhin, dass sich ein Arbeitgeber schadensersatzpflichtig machen kann, wenn er seine Arbeitnehmer bewusst mit krebserregenden Substanzen in Kontakt treten lässt, ohne ihre Gesundheit zu schützen.

Arbeitgeber dürfen ihren Angestellten natürlich auch Sonderleistungen neben dem regulären Arbeitslohn zukommen lassen. Sind solche Zulagen Gegenstand der allgemeinen Geschäftsbedingungen des Arbeitgebers und stehen sie unter einem Widerrufsvorbehalt, so können sie allerdings nicht grundlos widerrufen werden. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 20.04.2011 (Az.: 5 AZR 191/10) entschieden.

Zulagenklausel muss Widerrufsgründe benennen

Das BAG weist daraufhin, dass (widerrufliche) Arbeitgeberleistungen, die in den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmers aufgeführt sind, nur dann für die Zukunft widerrufen werden können, wenn ein Widerrufsgrund vorliegt.

Es genügt aber nicht jeder x-beliebige Grund: In welchen Fällen der Arbeitgeber zum Widerruf berechtigt ist, müsse vielmehr in der jeweiligen Klausel ausdrücklich angegeben werden. Fehlen entsprechende Angaben, sei die Klausel nach §§ 308 Nr. 4, 307 BGB unwirksam. Das gilt uneingeschränkt jedenfalls seit dem 01.01.2002.

Sonderregelung für Altfälle

Wurde eine Klausel jedoch bereits vor dem 01.01.2002 vereinbart (sog. Altfall), dann führt das Fehlen von Widerrufsgründen zwar ebenfalls zu ihrer Unwirksamkeit nach den genannten Vorschriften.

Die dadurch entstehende Vertragslücke könne hier jedoch nur im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden. Und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zwischen dem 01.01. und 31.12.2002 – der Übergangsfrist zur Anpassung älterer AGB-Klauseln an das neue AGB-Recht – eine Änderung der fraglichen Klausel angeboten hatte. Denn das seit 2003 geltende AGB-Recht der §§ 305 ff. BGB dürfe keine unzulässige Rückwirkung für Altfälle entfalten.

Der Ausgangsfall

Ein bei einem Verein (Beklagter) angestellter Tierarzt (Kläger) erhielt nach seinem 1990 abgeschlossenen Arbeitsvertrag eine bestimmte Zulage, die der Beklagte jedoch widerrufen konnte. Zum Widerrufsfall kam es wegen „wirtschaftlicher Gründe” schließlich im September 2007. Der Kläger meint dennoch, der Widerruf sei unzulässig, sodass ihm die streitige Leistung weiterhin zustehe.

Das zuständige Arbeitsgericht wies seine Klage ab, das Landesarbeitsgericht gab ihr statt. Die Revision des Beklagten führte vor dem BAG hingegen zur Rückverweisung an das Berufungsgericht, weil zu klären sei, ob die angegebenen „wirtschaftlichen Gründe” tatsächlich existierten.

Im Übrigen führt das BAG aus, die streitige Klausel sei „nur deshalb unwirksam”, weil sie den strengeren Vorgaben der seit dem 01.01.2003 zu beachtenden §§ 305 ff. BGB nicht gerecht werde. Da aber das neue AGB-Recht keine (unzulässige) Rückwirkung für Altfälle entfalten könne, müsse vorliegend im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine Lösung für den Fall gefunden werden.

Kurz vor Beginn der Urlaubszeit ist der richtige Zeitpunkt, um auf zwei aktuelle Entscheidungen des BAG einzugehen, die den gesetzlichen Urlaubsanspruch betreffen.

Dabei geht es um Urlaub in der Elternzeit einerseits und in der Kündigungsfrist andererseits.

Grundsätzliches zum Urlaubsanspruch

Nach § 1 BUrlG (Bundesurlaubsgesetz) hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlten Urlaub, der pro Jahr (im Regelfall) mindestens 24 Werktage betragen muss (§ 3 BUrlG).

Dieser Anspruch entsteht zu Beginn jedes Kalender- bzw. Urlaubsjahres, ist in seinem Umfang aber u.a. davon abhängig, ob der Arbeitnehmer die gesetzliche Wartezeit erfüllt hat. Denn nur wer mindestens sechs Monate lang bei einem bestimmten Arbeitgeber beschäftigt ist, hat auch einen ungekürzten Anspruch auf die ihm zustehenden Urlaubstage (vgl. § 4 BUrlG).

Den Urlaubszeitraum legt grundsätzlich der Arbeitgeber fest, wobei er natürlich die Pläne und Vorstellungen seiner Arbeitnehmer berücksichtigen muss. Diese sind aber ihrerseits verpflichtet, auf betriebliche Bedürfnisse und die Urlaubspläne ihrer Kollegen Rücksicht zu nehmen (vgl. § 7 BUrlG). Kurz gesagt: Niemand muss auf seinen Urlaub verzichten, aber Urlaubszeiten müssen vernünftig koordiniert werden, damit der Betrieb aufrechterhalten werden kann.

Elternzeit verkürzt Urlaubsanspruch

Auch wenn immer wieder öffentlich betont wird, dass Elternzeit keine Urlaubszeit ist, darf der Arbeitgeber nach § 17 I 1 BEEG (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz) dennoch den gesetzlichen Jahresurlaubsanspruch kürzen. Dabei kann der Jahresurlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um jeweils ein Zwölftel verringert werden.

Die praktische Umsetzung dieser Urlaubskürzung kann jedoch problematisch sein, wie eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 17.05.2011 (Az.: 9 AZR 197/10) zeigt.

Ein als Sachbearbeiter angestellter Schwerbehinderter (Kläger) befand sich nach langjähriger Beschäftigung bei seinem Arbeitgeber (Beklagter) vom 16.08.2008 bis zum 15.10.2008 in Elternzeit. Sein Jahresurlaubsanspruch beträgt nach dem für ihn geltenden Manteltarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie Saarland (MTV) 30 Arbeitstage. Hinzu kommen nochmals fünf Arbeitstage Zusatzurlaub gemäß § 125 I SGB IX wegen seiner Schwerbehinderung. Anstelle dieser 35 Tage sollte der Kläger im Jahr 2008 nach der Vorstellung des Beklagten jedoch nur 27,1 reguläre Urlaubstage sowie 4,6 Tage Zusatzurlaub erhalten. Der Kläger wiederum machte geltend, sein Urlaubsanspruch von 35 Tagen sei nach § 17 I 1 BEEG lediglich um 1/12 zu kürzen.

Der Beklagte hatte seine Berechnung damit begründet, dass für die Dauer der Elternzeit keinerlei Urlaubsansprüche entstünden. Das BAG sieht die Sache jedoch ganz anders: Der Urlaubsanspruch sei bereits mit Beginn des Urlaubsjahres entstanden, also grundsätzlich auch für die später in Anspruch genommene Elternzeit. Zulässig sei nach § 17 BEEG nur eine Kürzung des gesamten Urlaubsanspruchs (inkl. zusätzlicher Urlaubstage nach § 125 SGB IX), und auch dies nur für volle Kalendermonate der Elternzeit (im Ausgangsfall also nur für den September 2008). Damit hatte der Kläger seinen Urlaubsanspruch korrekt berechnet und das BAG gab seiner Klage statt.

Urlaubsanrechnung auf die Kündigungsfrist?

Wie bereits erwähnt ist es der Arbeitgeber, der letztlich über Beginn und Ende des Urlaubes entscheidet (§ 7 I 1 BUrlG). Es stellt sich aber die Frage, welche Folgen es für den Urlaubsanspruch hat, wenn der Arbeitgeber den Urlaub in die Kündigungsfrist eines gekündigten Arbeitnehmers legt. Hiermit befasst sich ein weiteres Urteil des BAG vom 17.05.2011 (Az.: 9 AZR 189/10).

Der Fall betrifft einen Bankangestellten (Kläger), der am 13.11.2006 die Kündigung zum 31.03.2007 erhielt. Die Bank (Beklagte) hatte ihm mitgeteilt, dass sie ihn „sofort unter Anrechnung Ihrer Urlaubstage” und unter Fortzahlung seines Lohns von der Arbeit freistelle. Nachdem der Kläger erfolgreich gerichtlich gegen seine Kündigung vorgegangen ist, forderte er noch seinen Resturlaub aus dem Jahr 2007 ein. Während der Kündigungsfrist seien ihm neben seinem Jahresurlaub 2006 allenfalls 7,5 der ihm für das Jahr 2007 zustehenden 30 Urlaubstage gewährt worden. Diese Zahl entspreche dem Teil seines Jahresurlaubsanspruchs, der ihm nach § 5 I c BUrlG für die Zeit vom 01.01. – 31.03. eines Kalenderjahres zustehe (nämlich 1/4 von 30).

Anders als das Arbeits- und Landesarbeitsgericht gab das BAG dieser Klage statt.

Nach dem genannten Urteil ist der Arbeitgeber verpflichtet, seinen Arbeitnehmern unmissverständlich mitzuteilen, wann sie in Urlaub gehen können und inwieweit dadurch ihr gesetzlicher Urlaubsanspruch erfüllt wird. Die Urlaubsgewährung erfolge durch einseitige Erklärung des Arbeitgebers, die zum einen dem Angestellten zugehen muss und zum anderen aus dessen Sicht auszulegen ist (§§ 133, 157 BGB). Alle Zweifel gehen demnach zulasten des Arbeitgebers, denn er hat es in der Hand, für „klare Verhältnisse” zu sorgen.

Das gilt natürlich auch für die Erklärung, der Arbeitnehmer werde infolge einer Kündigung „unter Anrechnung” der Urlaubsansprüche von seiner Arbeitspflicht freigestellt. Da vorliegend aber nicht klar war, ob der gesamte Urlaubsanspruch für das Jahr 2007 angerechnet werden sollte oder eben nur der Teilanspruch für das erste Quartal 2007, durfte der Kläger von der für ihn günstigeren Kürzung um 1/4 seines Jahresurlaubsanspruchs ausgehen.

[box type=”info”]

Kurz gesagt…

Aus den neuen Entscheidungen zum gesetzlichen Urlaub folgt:

Die Elternzeit führt zwar zu einer Kürzung des Urlaubsanspruchs, aber ausschließlich nach Maßgabe von § 17 BEEG. Das gilt nicht nur für den Urlaubsanspruch aus § 1 BUrlG, sondern auch für einen etwaigen Urlaubsanspruch aus § 125 SGB IX wegen Schwerbehinderung.

Sollen Urlaubsansprüche auf eine Freistellung während der Kündigungsfrist angerechnet werden, dann muss der Arbeitgeber deutlich machen, in welchem Umfang diese Ansprüche dadurch erfüllt werden sollen. Im Zweifel gilt die für den Arbeitnehmer günstigste Auslegung.

[/box]