Eine Krankheit gilt gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII erst dann als Berufskrankheit, wenn sie infolge einer versicherten Tätigkeit eintritt und kraft Rechtsverordnung (Berufskrankheitenverordnung, s.u.) als solche anerkannt ist. Dann kann ggf. die Ursächlichkeit der beruflichen Tätigkeit für die Berufskrankheit vermutet werden (§ 9 Abs. 3 SGB VII).

Kennzeichnend ist der Umstand, dass die Krankheit nicht durch ein einmaliges Ereignis begründet wird – dann ist an einen Arbeitsunfall zu denken –, sondern sich oft erst im Laufe der Zeit entwickelt.

Beispiel: Arbeitnehmer A kommt im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit immer wieder mit Chemikalien in Kontakt und erleidet nach 20 Berufsjahren eine Erkrankung der Atemwege.

Krankheiten, durch die sich das allgemeine Lebensrisiko realisiert, sind nicht beruflich veranlasst und daher keine Berufskrankheiten.

Anerkennungsfähig sind Krankheiten, die nach medizinischen Erkenntnissen durch Einwirkungen verursacht werden, die bestimmte Personen durch ihre Berufsausübung viel häufiger erleiden als der Rest der Bevölkerung.

Da die Rechtsverordnung nicht ohne Weiteres in der Lage ist mit der Geschwindigkeit medizinischer Forschungen Schritt zu halten, wird eine Krankheit auch ohne Bezeichnung in ihr anerkannt, sofern nur die Medizin eine Verbindung von versicherter Tätigkeit und Krankheitsbild herleiten kann, § 9 Abs. 2 SGB VII.

Berufskrankheiten nach der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung:

Krankheiten, die durch chemische Einwirkungen von Metallen und Metalloiden entstehen, z.B. durch Blei, Quecksilber, Chrom, Cadmium, Mangan, Thallium, Vanadium, Arsen, Phospor und Beryllium und durch Verbindungen mit diesen Stoffen Krankheiten, die im Zusammenhang mit Erstickungsgasen entstehen, genauer durch Kontakt mit Kohlenmonoxid oder Schwefelwasserstoff Erkrankungen, die sich aus chemischen Einwirkungen durch Lösemittel, Schädlingsbekämpfungsmitteln und sonstigen chemischen Stoffen ergeben: Schleimhautveränderungen, Krebs und andere Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine;

Erkrankungen durch Kontakt mit Halogenkohlenwasserstoffen; Benzol (seine Homologe, bestimmte Verbindungen und Abkömmlinge oder Styrol); Schwefelkohlenstoff; Methylalkohol; organische Phosphorverbindungen; Fluor (und seine Verbindungen); Salpetersäureester; Akyl-/Aryl-/Alkylaryloxide; Alkyl-/Aryl-/Alkylarysulfide; Zahnerkrankungen durch Säurekontakt; Hornhautschädigungen des Auges durch Benzochinon; para-tertiär-Butylphenol; Isocyanate (nur in schlimmen Fällen); Lebererkrankungen durch Dimethylformamid; Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel (oder Mischungen)

 

Krankheiten, die auf mechanischen Einwirkungen beruhen: Erkrankungen der Sehnenscheiden, des Sehnengleitgewebes, der Sehnen- oder Muskelansätze (je in schlimmen Fällen); Meniskusschäden (infolge besonderer Beanspruchung); Erkrankungen durch Erschütterungen (Tätigkeit mit Druckluftwerkzeugen etc.); vibrationsbedingte Durchblutungsstörungen an den Händen (in schlimmen Fällen); chronische Schleimbeutelerkrankungen; Druckschädigung der Nerven; Abrissbrüche der Wirbelfortsätze; Bandscheibenerkrankungen im Bereich der Lendenwirbelsäule oder Halswirbelsäule durch ständiges Heben, Tragen, Arbeit in gebeugter Haltung oder durch Erschütterungen bei sitzender Tätigkeit (in schlimmen Fällen)

Zahnabrasionen infolge längerer quarzstaubbelastender Tätigkeit

Erkrankungen durch Arbeit in Druckluft

Lärmschwerhörigkeit

Strahlenerkrankungen: Grauer Star durch Wärmestrahlung; Krankheiten durch ionisierende Strahlen

Krankheiten, die auf Infektionserregern, Parasiten verursacht werden (z.B. Tropenkrankheiten): Infektionskrankheiten aus einer Tätigkeit im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege, in einem Labor und ähnlichen infektionsgeneigten Tätigkeiten; Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden; Wurmkrankheiten von Bergleuten durch Ankylostoma duodenale oder Strongyloides stercoralis; Tropenkrankheiten und Fleckfieber

Erkrankungen von Atemwegen, Lunge, Rippenfell und Bauchfell durch anorganische Stäube: Quarzstaublungenerkrankung (Silikose), auch in Verbindung mit aktiver Lungentuberkulose (Siliko-Tuberkulose); Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) und Erkrankungen der Pleura, die auf Asbeststaub zurückgehen; Lungen- oder Kehlkopfkrebs (auch in Verbindung mit Asbestose, Pleuraerkrankungen durch Asbeststaub und unter weiteren Voraussetzungen); Mesotheliom des Rippen-/Bauchfells oder Perikards, das durch Asbest verursacht wurde; Lungen- und Atemwegserkrankungen durch Aluminium(verbindungen); Lungenfibrose durch Metallstäube; Lungen- und Atemwegserkrankungen durch Thomasmehl; bösartige Neubildungen der Atemwege bzw. der Lunge durch Nickel(verbindungen) oder Kokereirohgase; chronisch obstruktive Bronchitis oder Emphysem bei Bergleuten (unter bestimmten Voraussetzungen); Lungenkrebs infolge Kontakt mit kristallinem Siliziumdioxid bei nachgewiesener Silikose oder Siliko-Tuberkulose;

Erkrankungen der Atemwege, der Lunge, des Rippen- oder Bauchfells durch organische Stäube: Exogen-allergische Alveolitis; Atemweges- und Lungenkrankheiten durch Rohbaumwoll-, Rohflachs oder Rohhanfstaub; Adenokarzinome in der Nasenhaupt- oder Nasennebenhöhle durch Eichen- oder Buchenholzstaub

Obstruktive Atemwegserkrankungen: Obstruktive Atemwegserkrankungen (inkl. Rhinopathie), die auf allergisierenden Stoffen beruhen (in schlimmen Fällen), oder die auf chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen zurückzuführen sind (ebenfalls in schlimmen Fällen)

Hautkrankheiten: Schwere, wiederkehrende Hauterkrankungen (in schlimmen Fällen); Hautkrebs oder Hautveränderungen, die zur Krebsbildung neigen, sofern auf Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech oder ähnliche Stoffe rückführbar

Augenzittern von Bergleuten

Bei Hauterkrankungen gelten z.T. zusätzliche Einschränkungen. Sollten Unsicherheiten bestehen, ob eine anerkannte Berufskrankheit vorliegt oder ob eine Erkrankung als solche anerkannt werden kann, obwohl sie nicht in der Rechtsverordnung aufgeführt ist, sollte unbedingt fach-anwaltlicher Rat eingeholt werden.